Die Sommer in Athen werden immer extremer: Die Temperaturen steigen, Hitzewellen nehmen zu. Eine neue Studie der Nationalen und Kapodistrias-Universität zeigt, dass es in der Innenstadt im Durchschnitt rund fünf Grad wärmer ist als in den umliegenden Gebieten. Im Ballungsraum Attika leben knapp vier Millionen Menschen, hoher Verkehr und Stau gehören auf den Straßen in Griechenlands größter Metropole zum Alltag. Währenddessen ist die bestehende Infrastruktur auf die neuen klimatischen Belastungen kaum vorbereitet.
»Athen zahlt einen hohen Preis für die hohen Temperaturen und die starke Umweltverschmutzung, die zu vermeidbaren, vorzeitigen Todesfällen insbesondere der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen führen«, sagt Nikos Chrysogelos, Vizebürgermeister für Klimapolitik und Sozialwirtschaft, auf Anfrage des Surplus Magazin. Die Stadt hat deshalb einen umfassenden Klimaplan entwickelt. Bis 2030 will Athen klimaneutral werden – 20 Jahre früher, als die EU es vorschreibt.
Öffentlicher Verkehr soll Autos ersetzen
Die Emissionen sollen bis dahin um 80 Prozent im Vergleich zu 2019 sinken, der Rest soll durch naturbasierte Maßnahmen wie Mikrowälder, begrünte Hügel und revitalisierte Bäche ausgeglichen werden. 40 Prozent der umliegenden Wälder wurden in den vergangenen Jahren durch Brände zerstört. Sie sollen durch die jährliche Neupflanzung von 5.000 neuen Bäumen langfristig wieder aufgeforstet werden.
Phoebe Koundouri, Professorin an der Wirtschaftsuniversität Athen sowie der Technischen Universität Dänemark und Präsidentin der Organisation World Council of Environmental and Natural Resource Economists Associations, erklärt im Gespräch mit dem Surplus Magazin: »Die städtische Struktur und die bestehenden Raumordnungsentscheidungen verstärken die Abhängigkeit vom Auto und schränken die Effizienz des öffentlichen Nahverkehrs ein.« Insbesondere in den Randgebieten gebe es strukturelle Schwächen in Bezug auf die Anbindung und Erreichbarkeit. Sie fordert daher den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Förderung von Telearbeit und mehr Anreize für Elektrofahrzeuge.
»Natürlich braucht die Stadt mehr Platz für Grünflächen, Fußgänger und Radfahrer und entsprechend weniger Platz für private Fahrzeuge und Parkplätze«, sagt Chrysogelos. Damit weniger Autos im Zentrum fahren, investiert Athen in klimafreundlichen Nahverkehr: Bis zum nächsten Jahr sollen 1.000 neue Busse unterwegs sein, die Metro wird um eine fahrerlose vierte Linie erweitert. Ab 2029 soll sie die nordöstlichen Vororte besser anbinden und täglich zehntausende Autofahrten vermeiden.
Athen setzt auf Mikrowälder und Energie-Genossenschaften
Nachhaltige Mobilität ist nur ein Teil des Plans. Auch beim Wohnen will die Stadt neue Wege gehen: Es sollen 1.000 energieeffiziente Sozialwohnungen entstehen, einkommensschwache Haushalte bekommen über die Genossenschaft »Faithon« Zugang zu erneuerbarer Energie. Finanziert wird das Projekt über den »Grünen Fonds« der EU, weitere europäische Mittel sollen folgen. Denn, wie die Forschergruppe der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen neulich feststellte: »Im Wesentlichen ist die einkommensschwache Bevölkerung in Städten das erste Opfer des Klimawandels.«
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