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Das Wirtschaftsmagazin

Austerität an der Uni: Bei Studierenden und der Lehre wird gekürzt

In Berlin und Hessen protestieren Studierende gegen rigorose Kürzungen an den Unis. Bis zu zehn Prozent des Budgets könnten bald fehlen.

4 Minuten Lesedauer
Hessenweit haben 3.500 Studierende und Beschäftigte gegen die geplanten Kürzungen demonstriert. Credit: IMAGO/HEN-FOTO

Um die Hochschulen in Deutschland steht es nicht gut: sanierungsbedürftige Räume, die in besonders extremen Fällen zur Lebensgefahr werden können; überfüllte Studiengänge; und die zur Regel gewordene befristete Beschäftigung. Auch die Studierenden selbst leiden unter finanzieller Not. Das Bafög reicht vielerorts schon lange nicht mehr zum Leben, die Mieten sind zum Armutsrisiko geworden und die Zinsen für Studienkredite steigen seit Jahren in untragbare Höhen. Besserung ist nicht in Sicht, vielmehr sparen die für Bildung zuständigen Bundesländer weiter und stärker.

Andreas Keller, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern, wie er im Gespräch mit Surplus sagt. So seien es nicht nur Hessen und Berlin, in denen es »drastische Kürzungen« gebe, sondern auch in weiteren Ländern wie zum Beispiel Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Und auch strukturell hingen die Kürzungen miteinander zusammen: Keller zufolge haben sich die finanziellen Rahmenbedingungen der Länder bereits verschlechtert und verschlechterten sich in Zukunft weiter. Er verweist auf den Investitionsbooster der Bundesregierung, in dessen Rahmen die Unternehmenssteuersenkungen für die Länder Einnahmeverluste bedeuten. Verbessern müsste man die Lage »dringend über eine Reform des Steuersystems, stärkere Besteuerung von Reichen und Superreichen und auch durch eine Aufhebung der Schuldenbremse«.

Dass in den Länderhaushalten Geld fehlt, wirkt sich in der Hochschulbildung sehr direkt aus. In der Regel werden Stellen abgebaut, weil Personal an den Hochschulen den größten Anteil am Budget hat, erklärt Andreas Keller. Zuerst treffe das vor allem befristet Beschäftigte, also den akademischen Mittelbau, wissenschaftliche Mitarbeitende und studentische Beschäftigte. Darunter leiden schließlich die Studierenden, die schlechter betreut werden. Promovierende, deren Verträge nicht verlängert werden, müssten womöglich ihre Qualifizierungsarbeiten abbrechen.

Mika, ein 24-jähriger Master-Student der Sozialwissenschaften, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte, berichtet, dass der Stellenabbau und die drohende Streichung von ganzen Studiengängen an der Freien Universität omnipräsent seien. Auch sei etwa das Mensaessen teurer und Kooperationen wie der Verleih von Fahrrädern seien gekündigt worden. Solche Einsparungen würden besonders ärmere Studierende treffen, die sich womöglich ein Mittagessen nicht mehr leisten könnten.

Bis zu zehn Prozent weniger Geld

In Berlin und Hessen spitzt sich der Konflikt derzeit besonders zu. Erst vor wenigen Tagen haben hessenweit insgesamt 3.500 Studierende und Angestellte der Unis gegen die Sparpläne demonstriert, wie die dortigen Landesverbände von Verdi und der GEW mitteilten. Denn derzeit verhandeln die Hochschulpräsidien mit der hessischen Landesregierung über das Budget für die Jahre 2026 bis 2031. Der vom hessischen Wissenschaftsministerium vorgestellte Budget-Plan führe den Hochschulen zufolge zu einem Defizit von rund einer Milliarde Euro in den nächsten sechs Jahren. 2026 und 2027 soll das Budget sinken, bevor es in den Jahren darauf nur um jeweils drei bis vier Prozent wachsen soll. Pro Jahr ergebe sich so ein Defizit von circa 167 Millionen Euro, was etwa 10 Prozent des Personalbudgets der Hochschulen entspreche.

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Xenia Miller

Xenia Miller ist Redakteurin bei Surplus. Sie hat vorher bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gearbeitet und Politikwissenschaften, Soziologie und Politische Theorie studiert.

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