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Das Wirtschaftsmagazin

Klimapläne von Schwarz-Rot: CO₂-Speicherung reicht nicht

Die Bundesregierung will die unterirdische Speicherung von CO₂, genannt CCS, fördern. Doch das wird das Klima nicht retten.

6 Minuten Lesedauer
Proteste gegen die Nutzung von Carbon Capture Storage von Greenpeace. Credit: IMAGO/Metodi Popow

Die Bundesregierung will Investitionen in »Carbon Capture and Storage« (CCS) fördern, um CO₂-Emissionen einzusparen. CCS  ist eine technologische Form der CO₂-Speicherung. Bevor das im Produktionsprozess entstandene CO₂ in die Atmosphäre gelangen kann, wird es am Produktionsort aufgefangen (Capture) und etwa unter der Erde oder dem Meeresboden eingelagert (Storage). Die Regierung will damit Klimaneutralität über eine bundesweite CO₂-Pipelineinfrastruktur und den Bau neuer Gaskraftwerke erreichen.

Das erscheint vielversprechend: Industrien können weiterhin Treibhausgase produzieren und trotzdem klimaneutral werden. Doch derzeit ist CCS alles andere als sicher und birgt das gefährliche Versprechen, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Das größte Problem: Durch CCS könnte die fossile Infrastruktur zementiert werden, anstatt ambitionierten Klimaschutz voranzutreiben. Laut Gesetzesentwurf soll ein CO₂-Pipelinenetz entstehen, das »grundsätzlich für die Verwendung durch jeden Kunden offensteht«. Damit könnte die Gas- und eventuell sogar die Ölindustrie künftig CO₂-Deponien im Meer und perspektivisch auch an Land errichten. Das Gesetz hat das Kabinett am Mittwoch beschlossen.

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Die Diskussion darum, ob CCS auf dem Weg zur Klimaneutralität eine entscheidende Rolle spielen kann, ist nicht neu. Bereits 2009 wurde die Verabschiedung eines CCS-Gesetzes von der Bundesregierung debattiert. Dabei waren es vor allem Vertretende der Kohleindustrie, die den Diskurs stärkten. CCS sollte helfen, weiter Kohle zu verstromen. Der Kohleausstieg kam trotzdem. Und 2012 das erste Kohlendioxidspeicherungsgesetz. Es war jedoch eher ein CCS-Verhinderungsgesetz, da es lediglich begrenzte Forschungsprojekte ermöglichte und Bundesländern die Freiheit gab, die Speicherung auf ihrem Territorium zu verbieten. Damit war CCS in Deutschland faktisch tot. 

Mit der Verschärfung der Klimaziele und dem Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2045 stieg Anfang der 2020er Jahre der politische Druck, auch andere Industrien vollständig zu dekarbonisieren. CCS rückte als potenzielle Option für den Umgang mit »unvermeidbaren Emissionen« wieder in die Debatte, zu denen Emissionen aus der Zementproduktion, Stahl- und Chemieindustrie sowie der Müllverbrennung zählen. Denn: Auch in einer klimaneutralen Welt werden wir mit bestimmten wirtschaftlichen Aktivitäten CO₂ emittieren. Die hochumstrittene Frage ist dabei stets: Für welche Branchen (wenn überhaupt) und in welchem Umfang kann CCS eine Antwort sein? Im aktuellen Koalitionsvertrag heißt es, dass CCS künftig für »schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und Gaskraftwerke« eingesetzt werden soll. 

CCS-Technologie – leeres Versprechen oder Rettung?

Forschende untersuchen seit Jahrzehnten verschiedene Ansätze, um das im Produktionsprozess entstandene CO₂ zu binden. Alle Technologien haben gemeinsam, dass sie sehr energieintensiv sind und somit den Energiebedarf der jeweiligen Industrie signifikant erhöhen. Das ist vor allem problematisch, wenn die benötigte Energie nicht aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt werden kann. 

Doch auch die Speicherung von CO₂ macht Probleme. Damit CCS wirklich zum Klimaschutz beiträgt, muss der Speicher absolut sicher sein, am besten für Jahrtausende. Auch beim Transport sollte möglichst kein CO₂ entweichen. Wird das Kohlenstoffdioxid wie geplant unter der Nordsee gespeichert und entweicht dort durch eine Leckage, also eine undichte Stelle, ins Wasser, verwandelt es sich in Kohlensäure, mit fatalen Folgen für das Ökosystem. So könnte das Meer weiter versauern. An Land gespeichertes CO₂ birgt die Gefahr, dass es bei Leckagen das Grundwasser versalzt oder mit Schwermetallen kontaminiert. Unser Trinkwasser wäre verschmutzt, auch für die Landwirtschaft wäre es unbrauchbar. 

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Sarah Mewes

Sarah Mewes ist politische Ökonomin und Mitgründerin des NELA. Next Economy Labs. Dort befasst sie sich mit neuen ökonomischen Ideen für eine Just Transition.

Sebastian Zachrau

Sebastian Zachrau studiert Plurale Ökonomik an der Universität Siegen. Dabei beschäftigt er sich mit der Frage, wie die Reform von Institutionen zur sozial-ökologischen Transformation beitragen kann.

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