Wer sich aktuell umschaut, wo man Geld investieren sollte, kommt an KI-basierten Unternehmen nicht vorbei. Zu entzückend sind ihre Marktbewertungen, zu vielversprechend ihre Wertsteigerung. Zu verlockend der Boom.
Doch wie jeder Boom birgt er die Gefahr, sich aufzublähen – so viele Investitionen anzuziehen, dass das Produkt die Erwartungen nicht erfüllen kann. Sollte es so weit kommen, dass auf einmal viele Investorinnen und Investoren aussteigen und an ihr Geld wollen, könnte das Kartenhaus, bestehend aus Investitionen, denen kein rentables Produkt gegenübersteht, in sich zusammenfallen. Das ist schon einmal in den späten neunziger Jahren passiert: bei der sogenannten Dotcom-Blase.
Zwischen ihr und dem KI-Boom bestehen diverse Parallelen, die vermuten lassen, dass sich der KI-Markt derzeit aufbläst. Die Dotcom-Blase wurde ausgelöst durch eine neue, vielversprechende Technologie: dem Internet, oder genauer Unternehmen, die über das Internet Produkte anboten. Die Blase platzte, nachdem zahlreiche junge Unternehmen nicht lieferten, was ihre utopisch hohen Marktbewertungen versprachen. Aktienkurse eben jener Unternehmen befanden sich im freien Fall und ließen Investorinnen und Investoren mit hohen Verlusten zurück.
Der Hype ist real: Eine Investitionseuphorie
Derzeit wird der Hype um Unternehmen wie Alphabet (Google) und Co. durch generative KI angeheizt – eine Form der Künstlichen Intelligenz, die Texte, Bilder, Videos, Codes und anderes selbst erzeugt. Sie steigere die Effizienz und löse bestimmte Aufgaben schneller als ihr menschliches Pendant, versprechen die CEOs. Die neue Technologie hat eine Spirale der Investitionseuphorie ausgelöst und Aktienkurse, etwa von Nvidia, in die Höhe katapultiert.
Im letzten Jahr erhöhte sich der Wert des KI-Chip-Produzenten um knapp die Hälfte. Nvidia ist damit nicht allein, seit April liegt das Plus der S&P 500 (Standards & Poor’s 500), also der 500 größten börsennotierten Unternehmen in den USA, bei rund 28 Prozent – angetrieben durch die »Magnificent Seven«, also Apple, Microsoft, Amazon, Meta, Tesla, Alphabet und eben Nvidia. Das sind so starke Preissteigerungen, dass bereits bis zur ersten Hälfte 2025 in den USA mehr Geld in KI-Startups investiert wurde als in ganz 2024. Goldman Sachs prognostiziert weltweit weitere Investitionen bis Ende des Jahres von fast 200 Milliarden US-Dollar. Wie in den neunziger Jahren werden horrende Summen in Unternehmen investiert, die noch keinen realwirtschaftlichen Gegenwert liefern. Allein die Erwartung einer zukünftig hohen Rendite und das Vertrauen in die neue Technologie reichen vielen Investorinnen und Investoren offenbar aus.
Auch die Trump-Administration setzt auf das KI-Geschäft, indem sie zum einen milliardenschwere Verträge mit Palantir abschloss, um etwa das »Kriegsministerium« (ehemals Pentagon) mit neuer, KI-basierter Technologie auszurüsten, und andererseits einen »AI-Action-Plan« ankündigte, der es KI-Unternehmen leichter machen soll, sich in den USA niederzulassen.
Steigende Verschuldung
Kombiniert mit den gesenkten Leitzinsen (minus 0,25 Prozent) der US-Notenbank dürfte der Hype die Investitionswelle weiter antreiben. Unternehmen wie Privatanlegerinnen und -anleger verschulden sich stärker, wenn Zinsen gesenkt werden. Denn wenn Kredite billiger sind, ist es attraktiver, damit Aktien zu kaufen. Genau wie zu Zeiten der Dotcom- sowie der Immobilienblase 2008, denen hohe Verschuldungen und der Einsatz von viel Fremdkapital vorausgingen, wird derzeit mehr auf Kredit investiert.
Anders als zur Immobilienblase jedoch, werden Kredite nicht mehr willkürlich und an Personen vergeben, die sie im Ernstfall nicht zurückzahlen können. Banken dürften aus diesem Fiasko gelernt haben. Die geplatzte Blase würde also weniger darin enden, dass Kredite nicht zurückgezahlt werden können, sondern eher in gescheiterten Investitionen.
Doch was, wenn sich die KI-Technologie am Aktienmarkt tatsächlich so verhält, wie das Internet zur Dotcom-Blase? Was, wenn sie nicht das Effizienzversprechen einhält, nicht die Hoffnung auf Gewinne erfüllt, die der Boom verspricht?
KI-Produkte leisten nicht genug
Sam Altman, OpenAI-CEO und quasi das Gesicht dieses Booms, warnt genau davor: »Investoren sind, was die KI angeht, zu euphorisch.« Sein Unternehmen ist verschiedenen Marktbewertungen zufolge rund 300 Milliarden US-Dollar wert. Aber: Gewinne macht es aktuell nicht und es hat einen Umsatz von rund 10 bis 12 Milliarden US-Dollar. Altman warnt vor der Diskrepanz zwischen Boom und Leistungsfähigkeit der Produkte. Bereits jetzt gibt es Beispiele, bei denen KI nicht ihren Erwartungen gerecht wird und die Benutzerfreundlichkeit der Produkte, bei denen sie zum Einsatz kommt, leidet – was dazu führen kann, dass diese Produkte auf dem Markt nicht bestehen.
Abonniere unseren kostenlosen Newsletter, um diesen Text weiterzulesen:
Zum NewsletterGibt’s schon einen Account? Login