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Das Wirtschaftsmagazin

Studie: Das muss die neue DB-Chefin tun, damit die Bahn zum Wachstumsmotor wird

Bei der Deutschen Bahn könnte nach jahrelanger Stagnation ein Aufbruch beginnen. Eine Studie zeigt, was jetzt für eine soziale und ökologische Wende nötig ist.

5 Minuten Lesedauer

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) und die neue DB-Chefin Evelyn Palla wollen große Reformen bei der Bahn. Credit: IMAGO/photothek/Arnulf Hettrich

Emissionen im Verkehrssektor machen in den meisten europäischen Ländern einen wesentlichen Teil der Treibhausgasemissionen aus. Während die Emissionen in anderen Sektoren sinken, steigen sie hier. Um die Klimaziele auf sozialverträgliche Art und Weise zu erreichen, braucht es daher eine strukturelle Transformation des Verkehrssektors, insbesondere eine signifikante Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf die Schiene – und nicht nur Maßnahmen wie die Förderung von Elektroautos. 

Von der neuen Chefin der Deutschen Bahn, Evelyn Palla, erhofft sich der Konzern einen strukturellen Wandel. Nach ihrer Berufung zur neuen Vorstandsvorsitzenden bezeichnete sie die Sanierung der Infrastruktur als eines der Hauptprobleme und sagte: »Wir räumen auf«. Der Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) will Fahrgäste stärker zufriedenstellen – und kündigte im selben Zug an, die Pünktlichkeitsziele zu senken (von 75 Prozent im Jahr 2027 auf 70 Prozent im Jahr 2029). Greenpeace kritisierte angesichts dieser Pläne, dass es eine größere Strategie geben müsse, um den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Ein solcher Modal Shift passiert jedoch, wie auch Vera Huwe und Niklas Illsener ausgeführt haben, nicht von selbst über Marktmechanismen, sondern erfordert langfristige Planung und ein klares Commitment der Politik. In Deutschland fehlt dieses Bekenntnis jedoch bisher. Das zeigt sich an unterschiedlichen Stellen: Das Deutschlandticket wird erneut teurer und zudem immer wieder infrage gestellt. Die deutsche Infrastruktur weist ein Investitionsloch von 600 Milliarden Euro auf, der Schieneninfrastruktur allein fehlen ungefähr 100 Milliarden Euro. Zwar wurde nun von der neuen Regierung Merz ein Sondervermögen beschlossen. Doch einer Correctiv-Recherche zufolge scheint das Verkehrsministerium reguläre Haushaltsmittel für Infrastruktur durch Gelder aus dem Sondervermögen, das eigentlich für den Neu- und Ausbau gedacht war, zu ersetzen. Die neue deutsche Bundesministerin für Wirtschaft und Energie des Kabinetts Merz, Katherina Reiche, tönt in deutschen Medien und Talkshows, Klimaschutz sei in der vergangenen Legislaturperiode »überbetont worden« – zulasten der deutschen Wirtschaft. Doch ist die deutsche Situation alternativlos oder haben wir es mit einer Form von Politikversagen zu tun? Blickt man in die südlichen Nachbarländer Deutschlands – die »Bahnländer« Österreich und die Schweiz –, drängt sich der Verdacht auf, dass es auch anders gehen kann.

Dies legen auch zwei von uns durchgeführte Studien nahe: In unserer Studie zum Schienenausbau und zu Potenzialen der österreichischen Bahnindustrie zeigen wir, dass unter der Voraussetzung von politischen Verpflichtungen und langfristiger Planung, Investitionen in Schieneninfrastruktur einen zentralen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung leisten und gleichzeitig heimische Industriearbeitsplätze absichern können. Weiter argumentieren wir auf Basis einer unabhängig davon durchgeführten Studie zum transeuropäischen Schieneninfrastrukturausbau in Deutschland, dass auch für Deutschland ähnliche Effekte zu erwarten wären. 

Schieneninfrastruktur lohnt sich wirtschaftlich

Methodisch stützen sich unsere Befunde auf eine Input-Output-Analyse (IO). Die IO ist eine bewährte Methode, um sektorale Verflechtungen innerhalb einer Volkswirtschaft zu modellieren. Darüber können die Effekte von Investitionen über mehrere Stufen hinweg verfolgt werden: Direkte Effekte erfassen etwa Aufträge im Baugewerbe, indirekte Effekte betreffen Zulieferindustrien wie Stahl oder Elektronik, und induzierte Effekte entstehen, wenn durch gestiegene Einkommen zusätzlicher Konsum generiert wird. So kann die IO zeigen, wie ein Impuls, etwa der Ausbau von Bahninfrastruktur, weit über den eigentlichen Sektor hinaus Wirkung entfaltet. Besonders nützlich ist die Methode, wenn es darum geht, gesamtwirtschaftliche Wirkungen von industriepolitischen Maßnahmen zu quantifizieren und damit fundierte Entscheidungsgrundlagen für öffentliche Investitionen zu schaffen.

In unserer IO-Analyse zu Österreichs Zielnetz 2040 ergeben sich über die geplanten 16 Jahre hinweg bis zu 230.000 Jahresarbeitsplätze, verteilt auf Tiefbau, Bahntechnik, Zulieferindustrien und Dienstleistungen. Die Wirkung ist breit gestreut, betrifft urbanisierte wie ländliche Regionen und stabilisiert zugleich die industrielle Wertschöpfung in einem hoch vernetzten österreichischen Binnenmarkt. 

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Laura Porak

Laura Porak ist Doktorandin der Politikwissenschaften und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft an der Johannes Kepler Universität Linz.

Lukas Cserjan

Lukas Cserjan ist Ökonom am Linz Institute for Transformative Change und dem Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft an der Johannes Kepler Universität Linz.

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