90 führende europäische Ökonominnen und Ökonomen fordern in einer gemeinsamen Erklärung von der EU, dass sie die Nachhaltigkeitsrichtlinien für Unternehmen in ihrer jetzigen Form erhalten soll. Anlass ist das Vorhaben der EU-Kommission, die EU-Lieferkettenrichtlinie abzumildern. Zu den Erstunterzeichnenden gehören auch zwanzig deutschsprachige Ökonominnen und Ökonomen, unter anderem Surplus-Herausgeberin Isabella Weber, Surplus-Redakteur Patrick Kaczmarczyk und Surplus-Autorin Svenja Flechtner. Der Brief der Initiative Lieferkettengesetz ist zuerst in der Financial Times veröffentlicht worden und lag Surplus vorab vor.
Darin heißt es, die beschlossene Nachhaltigkeits- und Lieferketten-Regelung sei ein »Schritt in Richtung einer Wirtschaft, die Menschenrechte, Umwelt und das Klima achtet«. Den Vorschlag der EU-Kommission, die Richtlinie abzuschwächen, kritisieren die Unterzeichnenden als »kurzsichtige populistische Taktik«, der es an substanziellen Argumenten und einer kohärenten ökonomischen Analyse mangele. So könne die EU durch eine starke Nachhaltigkeitspolitik ihre Position einer »wertebasierten modernen Wirtschaft, die ihren Reichtum nicht auf einer systematischen Verletzung von Menschenrechten im Ausland aufbaut« stärken – erst recht angesichts der unvorhersehbaren Politik Trumps. Nicht zuletzt würde das volatile Verhalten der EU-Kommission und die Unklarheit über zukünftig geltende Regeln auch bei den europäischen Unternehmen für weitere Unsicherheit und fehlendes Vertrauen sorgen.
Kritik am Omnibus-Vorhaben der EU-Kommission
Im Februar hatte die Kommission die Gesetzespakete Omnibus I + II vorgeschlagen. Diese sollen der Kommission zufolge Unternehmen in Europa mehr Investitionen ermöglichen und Bürokratie abbauen. Im Zuge dieser Reform sollen allerdings auch 80 Prozent aller bislang darunter fallenden Unternehmen keine Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) mehr leisten müssen. Auch die Sorgfaltspflichten für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Lieferketten unter der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) sollen eingeschränkt werden. So soll Unternehmen ein längerer Zeitraum zur Vorbereitung auf die Regelungen gewährt, die zivilrechtliche Haftung bei Verletzung eingeschränkt, und die Kontrollen seltener durchgeführt werden.
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