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Das Wirtschaftsmagazin

Aufrüstung wird Europa keine Sicherheit bringen

Europa findet Geld für Waffen und Panzer, aber nicht für Schulen, Krankenhäuser oder das Klima. Das wird die Krisen verschärfen.

3 Minuten Lesedauer
Europa rüstet auf: Niederländische Kampfflugzeuge. Credit: IMAGO/Björn Trotzki

Während an den östlichen Grenzen Europas der russische Krieg gegen die Ukraine wütet, sind die Regierenden des Kontinents endlich bereit einzuräumen, dass sie über die notwendigen Mittel verfügen, ihre kränkelnden Volkswirtschaften wiederzubeleben. Nach jahrzehntelanger Sparpolitik zeigen sie sich bereit, Geld auszugeben – allerdings nicht, um die Armut zu beenden, die Dekarbonisierung zu beschleunigen oder den Zusammenbruch wichtiger öffentlicher Dienstleistungen aufzuhalten. Europas fiskalische Schlagkraft wird vielmehr in Panzer, Raketen und Kampfjets gesteckt.

Die Neuordnung der Wirtschaft durch staatlich geförderte Verteidigungsausgaben wird als militärischer Keynesianismus bezeichnet, obwohl John Maynard Keynes diesen Begriff wohl nicht gutgeheißen hätte – wurde er doch durch seine Verurteilung des nach dem Ersten Weltkrieg geschlossenen, von der Weimarer Republik abgelehnten Friedensvertrags bekannt, der letztlich den Weg für den Aufstieg Hitlers und einen weiteren Krieg ebnete.

Die Argumente für eine Wiederkehr des militärischen Keynesianismus sind nicht völlig von der Hand zu weisen, da viele europäische Volkswirtschaften aufgrund der Sparpolitik hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben. Die Produktivität in Europa, die in den letzten zehn Jahren nur halb so schnell gewachsen ist wie in den Vereinigten Staaten, ging 2023 um 1 Prozent zurück. Die Reallöhne sanken nach einem Jahrzehnt der Stagnation um 4,3 Prozent im Jahr 2022 und um 0,7 Prozent im Jahr 2023. Unterdessen sind die Investitionen bei weitem nicht so hoch, wie sie sein müssten, um die doppelte Krise der Ungleichheit und des Klimawandels zu bewältigen.

Europas selbstzerstörerisches Bekenntnis zur Sparpolitik findet seinen Ausdruck in der deutschen Doktrin der „schwarzen Null“. Selbst als das deutsche Wirtschaftswunder in vollem Gange war, weigerte sich die Politik, in langfristiges Wachstum zu investieren. Infolgedessen leidet Deutschland – wie der größte Teil des Kontinents – unter chronischen Unterinvestitionen in die physische und soziale Infrastruktur und das hemmt die Produktivität.

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Grace Blakeley

Grace Blakeley ist ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute for Public Policy Research und Autorin mehrerer Bücher, darunter Vulture Capitalism (2024) und The Corona Crash (2020).

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