Dieter Schwarz ist aktuell der reichste Deutsche. Laut der aktuellen Reichenliste des Manager Magazins besitzt er ein Vermögen von 46,5 Milliarden Euro. Dieter Schwarz – den wir nun in unserer zweiten Fallstudie unserer Serie über deutsche Milliardäre analysieren – steht exemplarisch für ein System großer Intransparenz und fehlender Rechenschaft. Mehr als 99 Prozent der Schwarz-Gruppe mit Unternehmen wie Lidl und Kaufland gehören zumindest auf dem Papier zwei gemeinnützigen Stiftungen. Was das faktisch bedeutet, lässt sich anhand öffentlicher Unterlagen nicht nachvollziehen. Geheim bleibt auch, ob die deutschen Lidl-Filialen in der Corona-Krise ihre Profite erhöht haben und/oder wie die Schwarz-Stiftung ihre umfangreichen gesellschaftlichen Aktivitäten finanziert.
Gleichzeitig sind das Vermögen und der damit einhergehende Einfluss in seiner Heimatstadt Heilbronn nicht zu übersehen. Millionen von Menschen profitieren von den günstigen Lebensmittelpreisen in seinen Supermärkten. Heilbronn und Umgebung profitieren von hohen Gewerbesteuereinnahmen und gut bezahlten Arbeitsplätzen in der Firmenzentrale. Aber wenn seine Gewinne steigen und sein Vermögen wächst, passiert das auch auf Kosten seiner Mitarbeiter, Lieferanten oder der Konkurrenz.
Das Vermögen: 20 bis 60 Milliarden Euro
Im Alter von etwa zwanzig Jahren absolvierte Dieter Schwarz eine Ausbildung im Lebensmittelgroßhandel seines Vaters und trat kurz danach, 1963, als Gesellschafter ins Unternehmen ein. 1968 eröffnete er mit seinem Vater den ersten Supermarkt der Kaufland-Kette und fünf Jahre später seinen ersten Discounter der Lidl-Kette. Mittlerweile hat die Schwarz-Gruppe nach eigenen Angaben 14.200 Filialen in 31 Ländern und ist damit hinter WalMart der zweitgrößte Lebensmitteleinzelhändler der Welt. Neben dem Lebensmittelhandel investiert die Schwarz-Gruppe auch in Müllentsorgung, Lebensmittelproduktion und IT.
Der Wert des Vermögens von Dieter Schwarz lässt sich nur grob schätzen. Laut Manager Magazin ist es von 4,25 Milliarden Euro im Jahr 2001 auf aktuell 46,5 Milliarden Euro angewachsen – ein jährliches Wachstum von zehn Prozent. Die einzige einigermaßen belastbare Grundlage für die Schätzung des Vermögens ist der auf der eigenen Website veröffentlichte Umsatz der Schwarz-Gruppe. Er betrug für das Geschäftsjahr 2024 rund 175 Milliarden Euro, davon stammen etwa 75 Prozent von Lidl.
Verglichen mit dem Umsatz und Marktwert der größten börsennotierten Konkurrenten in Europa ergibt sich daraus ein Wert von etwa 20 Milliarden Euro (Carrefour) bis 60 Milliarden Euro (Jeronimo Martins und Ahold Delhaize). Ein erheblicher Teil des Vermögens steckt in Immobilien. Lidl und Kaufland weisen in ihren Geschäftsberichten zusammen Immobilienwerte von fast 40 Milliarden Euro aus – und zwar ohne die nicht im Geschäftsbericht ausgewiesenen deutschen Filialen, die vielen Grundstücke der Stiftung in Heilbronn und ohne die Wertsteigerungen seit dem Erwerb. Die große Frage ist aber: Welcher Teil davon gehört wirklich Dieter Schwarz?
Die Transparenz: Geheimnisoase Dresden
Wie kompliziert und intransparent die Struktur des Vermögens von Dieter Schwarz ist, zeigt sich am Beispiel der deutschen Lidl-Filialen. Während die meisten ausländischen Filialen direkt zum Konzern gehören und im Jahresabschluss des Konzerns erscheinen, gehören die meisten deutschen Filialen Personengesellschaften – deren Bilanzen nicht offengelegt werden müssen. Diese Gesellschaften gehören zu 99,99 Prozent der Schwarz-Gruppe – und zu 0,01 Prozent einer von 39 Stiftungen mit Sitz in Dresden, die nicht gemeinnützig sind. Im sächsischen Stiftungsregister ist – anders als beispielsweise in Baden-Württemberg – nicht einmal die Information zum Stiftungsvorstand öffentlich zugänglich. Außerdem ist Dieter Schwarz über die PVG Geschäftsführungs-KG indirekt als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt und verhindert so, dass die Personengesellschaft einen Geschäftsbericht veröffentlichen muss. Ihre Gewinne werden auch im Jahresabschluss des Konzerns nicht einbezogen und bleiben so geheim.
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