zum Inhalt
Das Wirtschaftsmagazin

Nein, der Staatskonsum verdrängt keine Investitionen

Der Staatskonsum muss in der Krise steigen. Das kurbelt die privaten Investitionen an.

2 Minuten Lesedauer

Collage: Surplus, Material: Andreas Schmidt, Zane Zlemeša

Wochenlang hat das Land über diese eine Grafik debattiert. Markus Lanz hat mehrere Ökonomen eingeladen, um sie zu diskutieren. Kanzler Merz soll sie auf einer Fraktionssitzung gezeigt haben. Sollten sich die Linien auf der Grafik während der Legislatur nicht wieder annähern, so wird Merz in der Bild zitiert, dann müsse man feststellen: »Diese Regierung ist gescheitert«.

Es geht um eine Grafik vom arbeitgebernahen Ifo-Institut. Zu sehen ist, wie sich das Bruttoinlandsprodukt, der Staatskonsum und die privaten Investitionen seit 2015 preisbereinigt entwickelt haben. Der Staatskonsum ist um 25 Prozent gestiegen, die privaten Investitionen sind nach 2020 auf das Ausgangsniveau von 2015 gefallen – und das BIP stagniert auf Vor-Corona-Niveau. 

Quelle: ifo

Ifo-Chef und Ökonom Clemens Fuest nimmt diese Grafik wie viele andere Kommentatoren auch als Warnung vor einem »dramatischen Niedergang« der deutschen Wirtschaft – und fordert große Sozialreformen sowie Bürokratieabbau. Auch der Kanzler sieht in der Grafik eine simple Ursache-Wirkungs-Story: Der Staat gebe zu viel aus, der Privatsektor werde verdrängt, und deshalb investiere niemand mehr. 

Es ist umgekehrt

Nur hat diese Erzählung mit der Realität wenig zu tun. Tatsächlich ist es genau der Anstieg der Staatsausgaben, der verhindert hat, dass die deutsche Wirtschaft in den vergangenen Krisenjahren viel tiefer abgestürzt wäre. Seit 2020 wurde Deutschland von historischen Schocks durchgeschüttelt: Pandemie, Lockdowns, Ukraine-Krieg, Energiepreisschock, Rekordinflation, steigende Zinsen, Lieferkettenstörungen. In einem solchen Umfeld brechen private Investitionen nicht wegen »zu viel Staat« ein, sondern weil Unsicherheit, Nachfrageschwäche und höhere Finanzierungskosten rationalerweise dazu führen, Investitionen zu verschieben. Dass Unternehmen sich in dieser Lage zurückhalten, ist kein Zeichen für staatliche Übergriffigkeit, sondern schlicht betriebswirtschaftliche Logik.

Jetzt mit kostenloser Probewoche weiterlesen:

Zur Probewoche

Gibt’s schon einen Account? Login

Maurice Höfgen

Maurice Höfgen ist Ökonom, Publizist und Herausgeber von Surplus.

#6 – Waffen oder Wohlstand

Die Rüstungsindustrie boomt, während beim Sozialen gekürzt wird. Das ist kein Wirtschaftsmodell der Zukunft.

Zum Magazin