Der Energiekonzern Uniper ist so zentral für die deutsche Energieversorgung, dass ihn die Bundesregierung erst Ende 2022 mit Milliarden an Steuergeldern stabilisierte und damit verstaatlichte. Doch das könnte sich wieder ändern. Michael Lewis, CEO von Uniper, war vor wenigen Wochen Teil der Entourage von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in Katar. Ihr Ziel war es, die Geschäftsbeziehungen mit dem gasreichen Emirat zu knüpfen. Befindet sich der deutsche Staat auf »Brautschau«, um Großinvestoren ins Boot zu holen – in einem Land, das für seine Missachtung von Menschenrechten bekannt ist? Uniper setzt gerade alles daran, für den Kapitalmarkt attraktiv zu werden
Leider systemrelevant
Der Reihe nach: In der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs geriet der Gasimporteur und -händler Uniper in existenzielle Schwierigkeiten. Als die Gaslieferungen aus Russland schlagartig ausblieben, explodierten die Kosten für die Ersatzbeschaffung. Zu viel für den privaten Konzern, der vor knapp 10 Jahren als »fossile Bad Bank« aus dem Energiekonzern E.ON herausgelöst wurde und durch den Energiepreisschock im Sommer 2022 in eine schwere Krise geriet.
Das damalige Problem für die Bundesregierung: Uniper hält nicht nur ein Viertel der deutschen Gasspeicherkapazitäten im Portfolio, sondern beliefert auch über 1000 Stadtwerke und Industrieunternehmen mit Energie. Zum Zeitpunkt der Krise lieferte Uniper laut Bundesregierung circa 40 Prozent des gesamten Gasbedarfs in Deutschland. Uniper war ganz offensichtlich systemrelevant und sollte als Teil kritischer Energie-Infrastruktur nicht so einfach zahlungsunfähig werden.
Der Bund erwarb über 90 Prozent der Uniper-Anteile durch eine Kapitalzuführung von etwa 8 Milliarden Euro. Da diese Rettungsaktion als staatliche »Beihilfe« (also einen genehmigungspflichtigen Eingriff in den auf EU-Ebene streng geschützten Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt) gilt, verlangt die EU-Kommission als Auflage die Reprivatisierung: Bis 2028 muss der Bund seine Anteile auf 25 Prozent plus eine Aktie reduzieren. Die alte Ampel-Regierung hatte dagegen nichts einzuwenden und sucht nach der Stabilisierung der Energiemärkte bereits nach Investoren.
Doch zur Reprivatisierung gibt es eine viel sinnvollere Alternative: Uniper könnte in öffentlicher Hand bleiben und dabei – aus reinem Staatseigentum – in demokratische Gemeinwirtschaft überführt werden. So könnte es ein wichtiger Baustein einer ambitionierten energiepolitischen Industriestrategie werden. In öffentlicher Verantwortung könnte Uniper kostengünstig ökologisch umgebaut werden und gleichzeitig dazu beitragen, die Dekarbonisierung von Industrie und Kommunen zu beschleunigen. Denn nicht nur Uniper, sondern der gesamte Gassektor wäre besser in öffentlichem Eigentum aufgehoben. Um den schnellen Ausstieg aus dem Gas und den Aufbau der Erneuerbaren synchronisiert voranzutreiben und dabei nicht wie gehabt private Renditen und Krisengewinne mitzufinanzieren, braucht es den Einstieg in den Ausstieg aus der Privatisierung des Energiesektors.
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