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Das Wirtschaftsmagazin

Die USA verteidigen im Iran ihre Dollar-Hegemonie

Beim Konflikt zwischen Israel und Iran geht es auch um die Wirtschaftsinteressen der USA. Im Zentrum stehen sogenannte Petrodollars.

5 Minuten Lesedauer
Collage: Surplus/IMAGO/Depositphotos/Pond5 ImagesDie Stromsteuersenkung für Verbraucher bleibt aus, doch die Körperschaftsteuer wird gesenkt. Das wird das Wachstum nicht fördern.

Der Eintritt der USA in den Krieg zwischen Israel und dem Iran hat die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten auf eine neue Ebene gehoben. Zwar herrscht momentan ein wackliger Waffenstillstand, und womöglich wäre es dem selbsternannten »Friedenspräsidenten« Trump aus innenpolitischen Gründen lieber gewesen, es wäre zum aktuellen Zeitpunkt überhaupt nicht zu einem Angriff gekommen. Allerdings zeigt der zügige Eintritt der USA in die Kriegshandlungen die letzten Endes bedingungslose Unterstützung für Israels Kampf in der Region. Denn auch Washington hat ein Interesse an einer Neutralisierung des Mullah-Regimes, das politisch weit über die Grenzen des Nahen Ostens hinausgeht. 

Das Atomprogramm des Irans dürfte dabei, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle gespielt haben. So gibt es bis heute keine Belege für die aktive Herstellung von Atomwaffen im Iran. Und selbst wenn es diese gäbe: Innerhalb weniger Tage nach der einstweiligen Einstellung der Kriegshandlungen ist klar geworden, dass die Angriffe maximal für ein paar Monate Verzögerung in der Entwicklung des Atomprogramms gesorgt haben. Die Begründung für den Erstschlag war also aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vorwand. Stattdessen geht es den USA im Iran vielmehr um ein zentrales Element im Kampf gegen ein aufstrebendes China. 

Der Iran ist eines der wichtigsten Puzzle-Stücke in der amerikanischen Nahost-Strategie im Kampf gegen die Volksrepublik – vor allem aus währungspolitischen Gründen. Als fünftgrößter Öl- und Gasexporteur ist er bedeutend für die Stabilität der US-Dollar-Hegemonie, die seit einigen Jahren vom chinesischen Renminbi angefochten wird. Mittelfristig sucht die Trump-Regierung daher einen Verbündeten im Iran, um dieser Bedrohung Herr zu werden und den sogenannten »Petrodollar« gegen den »Petroyuan« zu verteidigen. Unter anderem deshalb erwägt Trump derzeit sogar explizit eine altbekannte Strategie, sollte die iranische Regierung es nicht schaffen, das Land »wieder großartig zu machen«: Regime-Sturz.  

Der Iran und die Petrodollars

Am aktuellen Konflikt zwischen dem Iran und Israel hängt ein historischer und globaler Rattenschwanz: die US-Dollar-Hegemonie. Im Herzen dieser Hegemonie liegt auch zu Beginn dieser Geschichte der Staat Israel. Auf dessen Gebietsgewinne aus dem Sechstagekrieg 1967 folgte sechs Jahre später, zu Jom Kippur 1973, ein gemeinsamer Angriff von Ägypten und Syrien mit Unterstützung umliegender arabischer Staaten. Da der Krieg gegen Israel, das mit Waffen aus dem Westen unterstützt wurde, nicht zu gewinnen war, verhängten die ölproduzierenden Staaten der OPEC, unter deren Gründungsstaaten sich auch der Iran befindet, die sogenannten Öl-Embargos für die Unterstützer Israels. Die OPEC, deren Produktion von Öl und Gas zu dieser Zeit die der USA weit in den Schatten stellte, konnte dadurch einen beträchtlichen Druck auf den Westen ausüben.

In den Jahren zuvor war die Wirtschaft der Vereinigten Staaten, geprägt vom Ende des keynesianischen Wachstums und einer gesättigten Nachfrage sowie massiver Verschuldung für Militärausgaben während des Kalten Kriegs, ins Straucheln gekommen. Dies führte 1971 zur Aufkündigung des Bretton-Woods-Systems, im Zuge dessen der Dollar vom Goldpreis und das globale Währungssystem vom Dollar entkoppelt wurde, und die Zeit der freien Wechselkurse begann. Kombiniert mit dem Embargo und den rapide steigenden Energiepreisen führte dies Ende 1973 zu einer hohen Inflation in den USA. 

Um der Entwertung des Dollars entgegenzuwirken, handelten die USA 1974 mit Saudi-Arabien aus, dass gegen Sicherheitsgarantien und Waffenlieferung der Ölhandel im Golf fortan ausschließlich in Dollar abgewickelt werden sollte. Der somit entstandene »Petrodollar« stabilisierte die globale Nachfrage nach dem Dollar und somit seinen Wert. Außerdem ermöglichte er den USA, das stark wachsende Handelsdefizit aufrechtzuerhalten und gleichzeitig massiv in die militärische Aufrüstung zu investieren. Die entstandenen Petrodollar wurden anschließend in den USA reinvestiert – sowohl in Staatsschulden als auch an der Wall Street. 

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Niklas Kullick

Niklas Kullick ist Politikwissenschaftler. Seine Forschungsschwerpunkte sind Finanzialisierung und Digitale Technologien im Kontext geopolitischer Verschiebungen.

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