Global gesehen sticht Brasilien heraus: Die Lebensmittelpreise haben dort einen besonders hohen Anteil an der Gesamtinflation. Weitere Länder, in denen Lebensmittel in den vergangenen Monaten noch ein wichtiger Inflationsfaktor waren, liegen meist in Subsahara-Afrika. Doch keines davon kommt auch nur annähernd an Brasiliens Bedeutung als Agrarproduzent und drittwichtigster Exporteur der Welt heran. Die kumulierte Lebensmittelpreisinflation in Brasilien lag seit 2020 bei 43 Prozent – und hat in den vergangenen Monaten nochmals angezogen.
Inflation bei Nahrungsmitteln ist schlecht: Sie verschärft die Ungleichheit, denn steigende Lebensmittelpreise belasten ärmere Haushalte sowie die Mittelschicht und verstärken den Hunger. Die Inflation der Nahrungsmittelpreise ist auch politisch gefährlich. Studien zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen steigenden Nahrungsmittelpreisen und sozialer Unruhe gibt. Die hohe Inflation war ein gewichtiger Grund, warum die meisten amtierenden Regierungen bei den jeweils letzten Wahlen abgewählt wurden. Dabei gibt es zwei bemerkenswerte Ausnahmen: Mexiko und Spanien. In beiden Fällen haben progressive Regierungen innovative Maßnahmen entwickelt, um die Inflation im Bereich der Lebensmittel zu bekämpfen. Ein kürzlich in Spanien eingeführtes Instrument ist die dortige Beobachtungsstelle für Gewinnspannen. Für Brasilien könnte es ein wichtiger erster Schritt im Kampf gegen die Lebensmittelpreisinflation sein, diesem Beispiel Spaniens zu folgen.
Eine entsprechende brasilianische Beobachtungsstelle für Lebensmittelpreise wäre eine Initiative für mehr Transparenz. Sie könnte von der Regierung geleitet und zusammen mit der nationalen Lebensmittelversorgungsgesellschaft CONAB und gegebenenfalls der Zentralbank umgesetzt werden. Die Hauptaufgabe der Beobachtungsstelle wäre, die Flaschenhälse entlang der Wertschöpfungskette zu identifizieren. Viele der benötigten Daten werden bereits von staatlichen Stellen gesammelt. Diese müssten aber schneller analysiert und dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.