Austeritätspolitik hat nichts mit finanzpolitischer Besonnenheit zu tun. Sie ist ein Mittel zur Disziplinierung der Arbeitenden, meint die Wirtschaftsprofessorin Clara Mattei im Interview mit Maxine Fowé. Beim Brumaire Verlag veröffentlichte Clara Mattei kürzlich ihr Buch »Die Ordnung des Kapitals«.
Erleben wir mit dem Aufstieg der libertären Rechten gerade eine neue Welle der Austeritätspolitik?
Wir erleben eine Beschleunigung früherer Austeritätswellen. Trump steht beispielhaft für diesen Trend: Der Plan, die US-amerikanischen Sozialausgaben um zwei Billionen Dollar zu kürzen, ist darauf ausgerichtet, den ohnehin schon dürftigen Wohlfahrtsstaat der USA zu demontieren. Die Kürzungen zielen auf grundlegende öffentliche Dienste wie Medicaid, Lebensmittelmarken (food stamps), staatliche Bildungsangebote, Umweltschutz und Programme des Arbeitsministeriums zur Unterstützung von Arbeitnehmenden, beispielsweise in den Bereichen Berufsausbildung und Weiterbildung, Sicherheitsinspektionen und -durchsetzung. Mit dieser brutalen Politik sollen gleichzeitig die geschätzten 4,5 Billionen Dollar an Steuererleichterungen für die Reichen gegenfinanziert werden.
Dasselbe geschieht in Italien mit Meloni. Sie hat lebenswichtige Unterstützungsprogramme für die Armen (reddito di cittadinanza) gestrichen, die Gewerkschaften angegriffen, Privatisierungen vorangetrieben und hauptsächlich in die Rüstung investiert.
Austerität hat nichts mit finanzpolitischer Besonnenheit zu tun, sondern mit der Frage, wer sich auf Kosten der Mehrheit bereichern darf. Es ist ein einseitiger Klassenkampf von Seiten des Staates, der für niedrige Lohnkosten sorgt, und vor allem dafür, dass die Menschen einer gewissen Alternativlosigkeit gegenüberstehen und sich keine andere Gesellschaftsordnung vorstellen können. Es geht darum, die Arbeiterschaft zu unterdrücken, um Profite und die privatwirtschaftliche Kontrolle über Investitionen zu schützen.
Sie argumentieren, dass Austerität nicht nur schlechte Wirtschaftspolitik ist, sondern vielmehr eine bewusst gewählte Strategie gegen eine Demokratisierung der Wirtschaft.
Ja, wenn wir über Austerität diskutieren, sollten wir nicht nur die fiskalpolitischen Aspekte im engeren Sinne betrachten. Deshalb spreche ich in meinem Buch Die Ordnung des Kapitals von der »Dreifaltigkeit der Austerität« (fiskalisch, monetär, industriell), die in Europa vor rund einem Jahrhundert entstand. Wir müssen verstehen, dass sich die Steuer- und Geldpolitik auf die Arbeitsmärkte auswirkt und in der Regel mit dem zusammenhängt, was ich industrielle Austerität nenne, die sich wiederum direkt auf die Arbeiterschaft auswirkt.

Clara Mattei: Die Ordnung des Kapitals
Wie Ökonomen die Austerität erfanden und dem Faschismus den Weg bereiteten
Inwiefern?
Die Steuerpolitik wirkt sich zum Beispiel indirekt, aber sehr stark auf den Arbeitsmarkt aus. Man denke an höhere Steuern für Arbeitnehmende bei gleichzeitigen Steuersenkungen auf Kapital, Dividenden, Zinsen und Unternehmensgewinne. Während die Reichen immer reicher werden, erhöht der Staat die Abhängigkeit der arbeitenden Menschen vom Markt. Weil wir mehr Geld brauchen, sind wir eher bereit, jeden Job anzunehmen, den wir finden können. Ähnliches gilt, wenn Schulbildung und andere Grundbedürfnisse keine Rechte mehr sind, sondern Waren: Die Privatisierung sowie die Streichung von Sozialleistungen zwingen die Menschen dazu, sich noch mehr auf Lohnarbeit und private Märkte verlassen zu müssen.
Welche Rolle spielen die Zentralbanken dabei?
Die Zentralbanken sind die Hauptakteure, die monetäre Austeritätsmaßnahmen durchsetzen, die wiederum starke Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Ihre institutionellen Unabhängigkeiten erlauben es der Federal Reserve Bank (Fed) oder der Europäischen Zentralbank (EZB), die Inflation ins Visier zu nehmen, was letztlich bedeutet, dass sie die »Ausbeutungsrate« beeinflussen können – die tatsächlich gemessen werden kann, indem der Anteil des BIP, der in Profite fließt, mit dem Anteil verglichen wird, der in Löhne fließt.
Zu Austeritätspolitik gehören auch direkte Angriffe auf die (organisierte) Arbeiterschaft.
Ja, fiskalische und monetäre Maßnahmen werden häufig mit industriepolitischen Strategien kombiniert, die sich direkt gegen die Arbeitnehmer richten. Das beinhaltet beispielsweise die weitere Deregulierung des Arbeitsmarktes, die Schwächung der Gewerkschaften und die Aufrechterhaltung prekärer Arbeitsverhältnisse. In Italien zum Beispiel haben selbst gewerkschaftlich organisierte Arbeiterinnen und Arbeiter häufig teilweise Tarifverträge mit absoluten Hungerlöhnen. In den USA ist die Hälfte der Obdachlosen werktätig. Das sind die sogenannten Working Poor, deren Löhne nicht einmal für ein Dach über dem Kopf ausreichen. Zählt man die Menschen hinzu, die bei Freunden und Verwandten unterkommen, sind die Statistiken noch gravierender. Derartige Missstände hängen mit der Arbeitspolitik der jeweiligen Regierungen zusammen – und Trump greift die Gewerkschaften derzeit ganz offen und gezielt an.
Einige argumentieren, dass gute, existenzsichernde Löhne auch im Interesse der Unternehmen sind, weil sie die Gesamtnachfrage und somit die gesamte Wirtschaft ankurbeln.
Politiker und Unternehmer – Leute wie Trump und Musk – wissen, wie wichtig die Kontrolle über die Arbeiterschaft ist, um die eigenen Interessen zu wahren. Viele Ökonominnen und Ökonomen verkennen hingegen oft, wie Klassenkonflikte die ökonomischen Entwicklungen beeinflussen.
Makroökonominnen und -ökonomen, die sich lediglich auf die Gesamtnachfrage oder den Output konzentrieren, behandeln die Wirtschaft häufig als eine Maschine, die durch technische Korrekturen feinabgestimmt werden kann. Dabei übersehen sie, dass die Wirtschaft vielmehr auf sozialen Produktionsbeziehungen beruht, die von Natur aus politisch sind. Das Ignorieren dieser politischen Dimension verdeckt entscheidende Zielkonflikte: Niedrigere Löhne schwächen zwar die Kaufkraft (was in der Tat das Problem der Überproduktion oder der unzureichenden Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen noch verschärfen kann), sorgen aber auch dafür, dass die Arbeitnehmer gefügig bleiben. Und in bestimmten Fällen mag Arbeitslosigkeit die Gewinne der Unternehmen schmälern, aber auch dazu beitragen, das Klassengleichgewicht zugunsten des Kapitals aufrechtzuerhalten.
Hat die Austeritätspolitik zum Aufstieg rechter Kräfte wie der AfD in Deutschland oder des Trumpismus in den USA beigetragen?
Austerität schwächt die Menschen im Allgemeinen und treibt sie dazu, die Schwächsten in der Gesellschaft zum Sündenbock zu machen. Sie spaltet die Arbeiterschaft, schürt Rassismus und bringt die Arbeitenden gegeneinander auf. Das kommt der herrschenden Klasse zugute, weil die Arbeiterschaft daran gehindert wird, sich zusammenzuschließen. Rechtsgerichtete Regierungen profitieren von Angst und Frustration. Und sobald sie an der Macht sind, verschärfen sie die Austeritätsmaßnahmen weiter. Die Wirkmacht der herrschenden Wirtschaftsideologie ist so stark, dass viele Menschen nach wie vor glauben, Trump sei ein »erfolgreicher Geschäftsmann«, der in der Lage ist, ihre Interessen zu vertreten – obwohl seine Politik für die Armen verheerend ist.
Über Bidens Industriepolitik sowie die Milliardenpakete der Ampel im Zuge der Corona-Pandemie wurden viele öffentliche Investitionen getätigt. Warum ist das Ihrer Meinung nach immer noch Austerität?
Es geht nicht nur darum, ob der Staat Geld ausgibt, sondern wofür und wie er es ausgibt. Es geht um die Entscheidung, wohin die Mittel fließen.
In den Biden-Jahren hat der Staat beispielsweise Asset-Manager subventioniert, Risiken für sie entschärft und Anreize geschaffen, zum Beispiel im Umweltbereich, aber es gab zeitgleich eine klare Begrenzung der Sozialausgaben – vor allem nach seinem ersten Jahr im Amt. Zwischen 2021 und 2023 hat sich die Kinderarmut in den Vereinigten Staaten verdreifacht. Heute lebt mehr als jedes sechste Kind in den USA in absoluter Armut, vor allem weil der Kongress die COVID-Entlastungsprogramme für die Armen nicht verlängert hat, insbesondere das Steuererleichterungsprogramm. In der Zwischenzeit hat die geldpolitische Austeritätspolitik der Fed mit ihren drastischen Zinserhöhungen die Verhandlungsmacht der Arbeiterschaft geschwächt. Sie ist eine Reaktion auf einen angeblich »übermäßig angespannten Arbeitsmarkt«, das heißt, einen Arbeitsmarkt, der für die Arbeiterschaft angeblich zu günstig ist. Im Frühjahr/Sommer 2022 haben fast 50 Millionen Menschen freiwillig ihre Arbeit gekündigt. An Streiks beteiligten sich mit fast einer halben Million Arbeiterinnen und Arbeitern eine riesige Zahl an Menschen. Das war ein historischer Höchststand seit den frühen 1980er Jahren. Die Arbeiterschaft war offenbar dabei, ihre Kämpfe um höhere Löhne und Sozialleistungen zu gewinnen.
Wo liegt der Unterschied zwischen der Austeritätspolitik von Biden und Trump in Ihren Augen?
Die neue Trump-Regierung hat eine neue Ära der Austerität eingeleitet: Sie verfolgt Austeritätspolitik ohne ein sie motivierendes Ereignis wie eine Finanzkrise. Damit hat Trump den Vorwand für Austerität beseitigt, der immer eine Lüge war. Es gibt nun keinen Vorwand mehr à la: »Wir haben eine Finanzkrise zu bewältigen, deshalb muss der Haushalt ausgeglichen werden.« Heute geht es ganz offen darum, die Armen zu bestrafen und Ressourcen an das eine Prozent der Gesellschaft umzuleiten, das mit Kapitalgewinnen Geld verdient. Es ist ein Krieg gegen die Armen und die Arbeiterklasse. Man kann unbestreitbar sagen: Trump hat die Heuchelei beseitigt und verfolgt die Austeritätslogik ganz offen und unverblümt.
Biden hatte zunächst sozialpolitische Maßnahmen versprochen, war aber weitgehend unfähig, diese Versprechen zu halten. Er verfiel schnell wieder in die typische Austeritätspolitik. Biden hat während seiner Präsidentschaft einen neuen Rekord bei den Militärausgaben aufgestellt: 916 Milliarden Dollar. Das ist der bisher höchste Betrag in der Geschichte der USA. Seine Regierung beschloss, das zu tun, was unter anderem auch Europa tut: massiv in den militärisch-industriellen Komplex investieren und den Rüstungskonzernen beispiellose Gewinne garantieren. Die Aktienkurse von den Rüstungsunternehmen Raytheon Technologies und Lockheed Martin sind von Oktober 2023 bis Oktober 2024 um beziehungsweise knapp 50 und mehr als 75 Prozent gestiegen. Die Waffen dieser Firmen haben das brutale Massaker an der palästinensischen Bevölkerung ermöglicht und ermöglichen es immer noch, während gleichzeitig die soziale Infrastruktur der USA vor sich hin bröckelt.
Die neue Regierungskoalition in Deutschland hat Verteidigungsausgaben über 1 Prozent des BIP von der Schuldenbremse ausgenommen und ein 500 Milliarden Euro schweres Infrastrukturpaket aufgesetzt, wovon 100 Milliarden in Klimaschutz fließen sollen. Ist das Ihrer Ansicht nach immer noch Austerität?
Die Milliardeninvestitionen für das Militär sind trotzdem Austeritätsmaßnahmen, weil für die Arbeiterschaft keine direkte Ermächtigung erfolgt. Mittel für den militärisch-industriellen Komplex sind ein Weg, die Wirtschaft anzukurbeln, ohne dabei das Klassenverhältnis zu verändern. Sozialausgaben hingegen könnten die Arbeiterschaft stärken.
In diesem Sinne ist das Ende der deutschen Schuldenbremse für Rüstungsausgaben gleichbedeutend mit Austerität. Es ist ein Teufelskreis: Die Aufnahme von neuen Schulden für das Militär wird später als Vorwand für weitere Kürzungen bei den Sozialleistungen genutzt werden.
Die Tatsache, dass Deutschland (und Europa insgesamt) bereit ist, seine Schuldenregeln zugunsten der Aufrüstung auszusetzen, zeigt, dass Austerität viel eher eine zutiefst politische Entscheidung ist als eine rein technische Notwendigkeit.
Werfen wir einen Blick auf die Geschichte: Wie erklären Sie sich den Anstieg der Löhne während des sogenannten goldenen Zeitalters des Kapitalismus im Globalen Norden?
Zu diesem Thema müsste man ein ganzes Buch schreiben – daran arbeite ich gerade. Nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere ab dem Koreakrieg, floss der Großteil der öffentlichen Ausgaben in den USA nicht in den Wohlfahrtsstaat, sondern in die nationale Verteidigung. Das ging so weit, dass Wissenschaftler wie Tim Barker von einem »Kriegsführungsstaat« statt einem »Wohlfahrtsstaat« sprechen. Der militärische Keynesianismus hat in der Vergangenheit zwar das Wachstum angekurbelt, ohne dass es aber zu einer allzu großen Umverteilung der Macht an die Arbeiterschaft kam. Die steigende Produktivität dank umfangreicher technologischer Investitionen der USA in produktive Wirtschaftszweige während des sogenannten »goldenen Zeitalters« ermöglichte es, die Löhne zu erhöhen, ohne die Unternehmensprofite zu schmälern.
Der Anstieg der Löhne der Mehrheitsgesellschaft im Globalen Norden war auch auf die Ausbeutung der schwarzen Bevölkerung in den USA und des Globalen Südens zurückzuführen.
Die relativ privilegierten Bedingungen für weiße Arbeitende in den USA fußten auf der Rassentrennung im eigenen Land und der Fähigkeit der USA, Länder in Lateinamerika und andere Staaten im Globalen Süden unter Druck zu setzen, damit diese billige Rohstoffe exportieren und westliche Endprodukte importieren. Das förderte die sogenannte Unterentwicklung des Globalen Südens und sicherte die Handelshegemonie des Globalen Nordens.

Ihre Forschung zum Vereinigten Königreich und Italien in den 1920er Jahren zeigt, dass Austerität als Reaktion auf die Rätebewegung eingeführt wurde. Warum waren diese Proteste so gefährlich für die kapitalistische Ordnung?
Ihre fundamentale Forderung war die Überwindung der Ausbeutungsverhältnisse; also die Überwindung der Lohnabhängigkeit, die den Kern des Kapitalismus bildet. Sie wollten eine Wirtschaftsdemokratie: In Italien organisierten sich die Arbeiterinnen und Arbeiter in Fabrikräten und besetzten ihre Betriebe; in Großbritannien gab es das Sankey Committee, das die Verstaatlichung der Großindustrie unter einer Arbeiterselbstverwaltung forderte, sowie den Gildensozialismus und andere genossenschaftliche Experimente. Sie zeigten, dass die Produktion jenseits des Profitmotivs demokratisch organisiert werden kann.
Welche gegenwärtigen sozialen Bewegungen erproben eine vielversprechende Alternative zur Austerität?
Es ist ermutigend und aufbauend, wenn man versteht, dass unser Wirtschaftssystem nicht für die Ewigkeit ist und dass einfache Menschen es ändern können. Die MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra, auf Deutsch: Bewegung der landlosen Arbeiter) in Brasilien mit etwa 1,5 Millionen Menschen ist ein gutes Beispiel. Diese Menschen beanspruchen unzureichend genutztes (öffentliches oder privates) Land und bilden dort genossenschaftliche, demokratische Produktionsstätten. Sie sind heute der größte Exporteur von Bio-Reis aus Lateinamerika. Sie arbeiten mit solidarischen Akademikern und Ingenieurinnen zusammen, um Entwicklungen in den Bereichen Permakultur, Aufforstung, nachhaltige Landwirtschaft und auch Software zu stärken, die zu einer solidarischen Wirtschaft beitragen können.
In Orten wie Tulsa/Oklahoma, wo ich lehre, erlebe ich ebenfalls viel Solidarität von der Basis. Wir versuchen mit dem Center for Heterodox Economics (CHE) ein Community and Worker Center zu schaffen, um diese diversen Kräfte zu vereinen und das Klassenbewusstsein zu stärken. Wir veranstalten öffentliche Vortragsreihen, laden »normale Menschen« ein, mit Akademikern zu debattieren, und schlagen somit eine Brücke zwischen Theorie und gelebter Alltagserfahrung. Es zeigt sich: Die Menschen wollen sich engagieren, aber die große Frage ist, wie man eine wirksame Organisierung, echte Teilhabe und Sensibilisierung erreichen kann.
In Mexiko setzt die progressive Präsidentin Claudia Sheinbaum eine Politik gegen hohe Preise von Lebensmitteln und Mieten um. Ist das ein weiteres Beispiel?
Wir müssen beim kapitalistischen Staat skeptisch sein, aber es kann durchaus Umstände geben, unter denen Regierungen Maßnahmen ergreifen, die den kapitalistischen Interessen unmittelbar zuwiderlaufen. Das können beispielsweise Preiskontrollen sein – mit denen den Konzernen vorgeschrieben wird, dass sie nicht alle Kostensteigerungen auf die Verbraucher abwälzen und von obszönen Gewinnmargen profitieren dürfen – oder auch Sozialreformen wie in Mexiko unter Präsidentin Claudia Sheinbaum. In ihrer früheren Position als Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt hat Sheinbaum wichtige Reformen im Wohnungsbau angestoßen und marginalisierte Stadtteile mit Hilfe von Investitionen in den sozialen Wohnungsbau besser integriert. Jetzt weitet sie diesen Ansatz auf das ganze Land aus.
Solche Maßnahmen rufen aber Gegenreaktionen seitens der Investoren hervor. Mit diesem Druck muss man umgehen können – und das erfordert eine starke Unterstützung durch die Bevölkerung. Dazu brauchen wir eine tiefere Auseinandersetzung mit den Produktionsverhältnissen selbst, nicht nur mit der Verteilung. Ja, Staaten können wirtschaftliche und auch demokratische Umverteilung ermöglichen, aber sie können nicht ausschließlich top-down agieren. Es braucht den Druck von unten, um Wirtschaftsreformen zu ermöglichen und dann auch aufrechtzuerhalten. In der Vergangenheit hat die reine Existenz von Alternativen, von sozialistischen Staaten bis hin zu lokal begrenzten Experimenten, die kapitalistischen Mächte immer wieder dazu veranlasst, gewisse soziale Verbesserungen zuzugestehen. Die Menschen sollten sich deswegen stets daran erinnern, dass unser Wirtschaftssystem formbar und politisch veränderbar ist – und nicht unumstößlich.