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Die drei wichtigsten News der letzten zwei Wochen
- Die neue Whistleblower-Plattform zum EU-AI-Act geht online. Angestellte aus Tech-Unternehmen können ab sofort anonym melden, wenn KI-Systeme gegen Transparenz- oder Risikopflichten verstoßen – etwa durch Diskriminierung oder fehlende Kontrolle.
Wichtig, weil: Die Plattform zeigt, dass viele Missstände nicht über staatliche Aufsicht aufgedeckt werden, sondern durch Menschen im Inneren der Systeme. Dass es dafür jetzt eine NGO-geführte Meldestelle braucht, wirft ein Schlaglicht auf die Durchsetzungsschwäche der EU-Regulierung. - Amazon startet einen eigenen Satelliteninternetdienst »Amazon LEO«. Nach SpaceX zieht jetzt auch Amazon nach: Mit den ersten Testkunden startet der Tech-Konzern sein eigenes Netz aus Tausenden Satelliten im erdnahen Orbit, um »unterversorgte Regionen« mit Internet zu versorgen.
Wichtig, weil: Der Zugang zum globalen Internet wird zunehmend zur Privatangelegenheit einzelner Konzerne. Wer die Satelliten kontrolliert, kontrolliert auch, wer wie und wo online geht – mit kaum demokratischer oder internationaler Kontrolle. - Jede vierte Person hält nicht einvernehmliche Deepfake-Pornografie für unbedenklich. Laut einer aktuellen Umfrage in Großbritannien ist der Anteil derjenigen, die Deepfakes ohne Zustimmung der Abgebildeten als »nicht problematisch« empfinden, besonders hoch bei Männern unter 35. Viele unterschätzen die Auswirkungen und verkennen, dass es sich dabei um eine Form digitaler sexualisierter Gewalt handelt.
Wichtig, weil: Der Umgang mit Deepfakes entlarvt eine wachsende Akzeptanz digitaler sexualisierter Gewalt und zeigt, wie langsam Recht, Gesellschaft und Politik darauf reagieren.
Thema der Woche:
DOGE existiert nicht mehr. Die Effizienzbehörde hat Chaos hinterlassen
DOGE existiert nicht mehr. Die Effizienzbehörde hat Chaos hinterlassen
Acht Monate vor Ablauf seines Mandats existiert das »Department of Government Efficiency« (DOGE) faktisch nicht mehr. Reuters beschreibt eine Behörde ohne Leitung, ohne Berichte, ohne operative Struktur. Offiziell klingt das nach einem misslungenen Reformprojekt. Die genauere Betrachtung legt aber nahe: Dieses Ende ist keine Fehlfunktion.
Aya Jaff: Broligarchie
Die Machtspiele der Tech-Elite und wie sie Fortschritt verhindern. Erschien im November 2025 im Ullstein Verlag.
DOGE war ein Versuch, Verwaltung zu verschlanken und staatliche Kapazitäten abzubauen. Es entließ Tausende Mitarbeiter, löste ganze Behörden oder Programme (etwa die Entwicklungshilfeagentur USAID) auf, kürzte Verträge, Förderungen und Zuschüsse und beanspruchte erhebliche Einsparungen, teils in Milliardenhöhe. Die Einsparzahlen erwiesen sich jedoch oft als massiv übertrieben oder fehlerhaft: Ein angegebener 8-Milliarden-Vertrag mit Immigration and Customs Enforcement stellte sich als nur 8 Millionen Dollar schwer heraus. DOGE führte häufig zu Verzögerungen, höheren Kosten, einem Brain-Drain und dem Zusammenbruch funktionierender Strukturen.
Wenn staatliche Kapazitäten geschwächt werden, entsteht das Chaos, das später als Beleg dafür dient, dass öffentliche Institutionen grundsätzlich nicht mehr leistungsfähig seien. Der investigative Journalist David Dayen (The American Prospect) beschreibt seit Jahren, wie Programme zur »Effizienzsteigerung« in republikanischen Verwaltungen häufig Strukturen schaffen, die Arbeit verhindern statt sie zu erleichtern. Sein Begriff dafür lautet: administrative sabotage. Verwaltung wirkt dann nicht überfordert, sondern diskreditiert. Genau das ist das politische Kapital solcher Projekte. Erst schafft man den Stillstand, dann verkauft man ihn als Beweis für staatliche Unfähigkeit.
