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Das Wirtschaftsmagazin

Der Schuldenberg wächst, die Welt verhandelt

Auf der UN-Konferenz für Entwicklungsfinanzierung stehen Schulden im Fokus. Doch sie könnte folgenlos bleiben.

3 Minuten Lesedauer
António Guterres eröffnet die Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla. Credit: IMAGO / Xinhua

»Cancel the debt« steht auf den roten Fächern, mit denen sich drei Menschen Luft zuwedeln, während sie auf klackernden Absätzen zwischen den Ständen der NGOs hindurcheilen. Sie sind nach Sevilla gekommen, um sich bei der vierten UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung für Schuldenerlasse einzusetzen. Draußen sind es 40 Grad im Schatten, drinnen treffen sich alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen – außer den USA. Dennoch hoffen die Teilnehmenden, Lösungen für die enormen Schuldenprobleme vieler Länder finden zu können.  

Laut einem Bericht der Weltbank ist fast die Hälfte aller Länder mit niedrigem Einkommen hoch verschuldet oder einem hohen Risiko durch Verschuldung ausgesetzt. Für die Regierungen dieser Länder bedeutet das, große Teile der Staatseinnahmen an den Schuldendienst zu zahlen – und in anderen Bereichen Abstriche zu machen. Die Konsequenzen davon bekommen enorm viele Menschen zu spüren. Etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Ländern, die mehr Geld für Zinszahlungen als für Gesundheit oder Bildung ausgeben. 

Das Geschäft privater Gläubiger

 Schuldenberge, die gerade für die ärmsten Länder nicht mehr zu bewältigen sind, gab es bereits in den 1990er Jahren. Damals beschlossen der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank, 39 Staaten die Schulden zu erlassen. Doch langfristig entschärft hat sich die Situation der meisten betroffenen Ländern nicht. »Die Länder haben diesen Kreditspielraum genutzt, um neue Schulden aufzunehmen. Und im Vergleich zu der Situation Mitte der Neunzigerjahre gibt es jetzt eine wesentlich heterogenere Gläubigergruppe«, sagt Kathrin Berensmann, Projektleiterin beim German Institute of Development and Sustainability (IDOS).

 Vor 30 Jahren waren die G7-Länder und multilaterale Gläubiger wie der IWF und die Weltbank noch die wichtigsten Kreditgeber. Doch mittlerweile spielen vor allem China und private Gläubiger eine immer wichtigere Rolle. Fast 60 Prozent der gesamten Auslandsschulden von Ländern des Globalen Südens stehen gegenüber Banken, Versicherungen, Investmentfonds und weiteren privaten Akteuren aus. Und diese sind profitorientiert. »China und auch die privaten Gläubiger verlangen sehr viel höhere Zinsen«, sagt Kathrin Berensmann. Ratingagenturen stufen ärmere Staaten als weniger kreditwürdig ein. Dadurch zahlen afrikanische Länder im Durchschnitt zwölfmal höhere Zinsen als Deutschland, wenn sie sich über Anleihen Geld leihen. Um diese abzubezahlen, bleibt vielen Ländern nichts anders übrig, als neue Kredite aufzunehmen – teilweise bis zur Staatspleite.  

Sambia in der Schuldenfalle  

So ist es Sambia ergangen. Das Land ist seit seiner Unabhängigkeit von Großbritannien stark von Kupferexporten abhängig. In den 1970er Jahren musste es sich verschulden, weil die Kupferpreise eingebrochen waren. Sambias Kredite beim IWF waren an strenge Sparauflagen gebunden, doch der wirtschaftliche Aufschwung blieb aus. 2005 wurde ein Teil von Sambias Schulden erlassen. In den Jahren darauf nahm das Land neue Kredite auf, um in Infrastruktur zu investieren; hauptsächlich bei China und privaten Gläubigern. »Die Regierung wollte sich kein Geld vom IWF leihen, um die Sparauflagen zu vermeiden«, sagt Faides TembaTemba, Vorsitzende von der NGO ActionAid in Sambia.  

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Marlene Jacobsen

Marlene Jacobsen ist freie Journalistin und berichtet am liebsten über Politik und Gesellschaft aus dem Ausland. Momentan lebt sie in London und arbeitet dort für das ZDF.

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