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Das Wirtschaftsmagazin

Trump 2.0: Die Ungleichheit steigt, eine Rezession droht

Die Trump-Regierung könnte den Lebensstandard der Beschäftigten verschlechtern – obwohl sie das Gegenteil behauptet.

9 Minuten Lesedauer
Donald Trumps zweite Amtszeit hat große verteilungspolitische Auswirkungen. Credit: IMAGO/ABACAPRESS

Die vergangenen Wochen prägten Donald Trumps Ankündigungen, die Einfuhrzölle für nahezu alle Handelspartner der Vereinigten Staaten zu erhöhen. Er rechtfertigte die Zollpolitik als Teil seiner »America First«-Agenda. Sie zielt darauf ab, Industriearbeitsplätze zurück in die USA zu holen und – zumindest behauptet dies das Trump-Lager – die amerikanische Mittelschicht zu stärken.

Die Sache verlief, gelinde gesagt, chaotisch. Zunächst erhöhten die USA Zölle auf Importe aus China, Mexiko und Kanada, setzten einige davon aber umgehend wieder aus. Am 2. April, der von Trump als »Liberation Day« bezeichnet wurde, folgte dann eine umfassende Anhebung der Zölle für fast alle Handelspartner der USA. Damit löste Trump Warnungen und Vergeltungsmaßnahmen aus, unter anderem von China und der Europäischen Union. Als daraufhin die Finanzmärkte einbrachen, vertagte Trump die Zölle erneut – mit Ausnahme Chinas, dessen Sätze sogar noch verschärft wurden. Peking reagierte mit einer entsprechenden Anhebung seiner Zölle auf US-Importe. Ein paar Gespräche mit den CEOs der betroffenen Branchen später, wurden wichtige Elektronikprodukte sowie Autos und Autoteile von den US-Zöllen ausgenommen. Nach Gesprächen in Genf wurden die Zölle zwischen China und den USA dann jüngst wieder drastisch gesenkt. 

Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist, wie sich diese Entwicklungen verteilungspolitisch auswirken werden: Ist das Trumpsche Versprechen, er werde die amerikanische Mittelschicht stärken, glaubwürdig? Man könnte beispielsweise argumentieren, dass der Börsencrash der vergangenen Wochen aus rein verteilungspolitischer Sicht entweder irrelevant war (da die Börse nicht die Realwirtschaft widerspiegelt) oder sogar vorteilhaft, da er Personen mit hohem Einkommen und Vermögen deutlich schwerer traf.

In diesem Beitrag zeigen wir, dass eine Reduktion der Ungleichheit eher unwahrscheinlich ist. Betrachten wir die Auswirkungen der neuen Zölle im Kontext der Gesamtpolitik der Trump 2.0-Regierung, ist eine Rezession und eine Verschärfung der Ungleichheit deutlich wahrscheinlicher. Somit dürfte es zu einer weiteren Verschlechterung des Lebensstandards der amerikanischen Beschäftigten kommen.

Das US-amerikanische Handelsdefizit

Laut der Trump-Regierung ist der Hauptgrund für die Zollerhöhungen das hohe Handelsdefizit der US-Wirtschaft. Aus dem Zweiten Weltkrieg gingen die Vereinigten Staaten noch mit einem Exportüberschuss und einer insgesamt ausgeglichenen Leistungsbilanz hervor. Das Defizit trat erst Ende der 1970er Jahre auf und wuchs dann bis zur Finanzkrise 2007 stetig an. Dieser Trend wurde nur Ende der 1980er Jahre nach dem Plaza-Abkommen kurzzeitig unterbrochen. In den vergangenen 15 Jahren war das Handelsdefizit allerdings nicht mehr so groß wie vor 2007. Dies ist vor allem auf mehr LNG- und Erdölexporte zurückzuführen. Streicht man die fossilen Exporte jedoch aus der Rechnung, liegt das Defizit nach wie vor auf dem Niveau von 2006.

Der seit mehr als vier Jahrzehnten anhaltende Anstieg des Handelsdefizits folgt weitgehend aus der Strategie des US-Kapitals, die Produktion ins Ausland zu verlagern. Dahinter steht ein doppeltes Kalkül: Zugang zu billigeren Arbeitskräften im Ausland sowie Disziplinierung der Beschäftigten im Inland. Diese Strategie spielte in den besagten vier Jahrzehnten eine zentrale Rolle dabei, die Ungleichheit in den USA derart zu verschärfen.

Auch die Rolle des US-Dollars als internationale Reservewährung hat zum Handelsdefizit beigetragen. Die weltweit hohe Nachfrage nach in Dollar nominierten Vermögenswerten führt tendenziell zu einer Aufwertung des Dollars gegenüber anderen Währungen. Darüber hinaus haben die politischen Entscheidungsträger in den USA den Dollar aktiv gestützt, wenn er abzuwerten drohte.

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Simon Grothe

Simon Grothe promoviert an der Universität Genf über die makroökonomischen Auswirkungen von Ungleichheit.

Michalis Nikiforos

Michalis Nikiforos ist Professor für Politische Ökonomie an der Universität Genf und Wissenschaftler am Levy Economics Institute.

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