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Das Wirtschaftsmagazin

Zentralbanken sollten die Geldschöpfung kontrollieren

Private Banken dominieren die Schöpfung von Geld. Das könnte, und sollte sich ändern – zugunsten der Mehrheit.

3 Minuten Lesedauer

Die EZB will einen digitalen Euro einführen (Symbolbild). Credit: IMAGO/W2Art

Geld ist ein Rätsel. Aber wenn wir eines mit Sicherheit wissen, dann, dass Geld Geld erzeugt. Der beste Weg, mehr davon zu schaffen, ist, die Geldschöpfungsmaschine zu kontrollieren – so, wie es die traditionellen Banken seit Jahrhunderten getan haben. Indem sie aus dem Nichts Kreditgeld in offizieller Währung schaffen, entscheiden die Geschäftsbanken, wer es bekommt und zu welchen Bedingungen. Und was noch besser ist: Ihre Geldschöpfung wird von den Zentralbanken unterstützt, die ihnen in normalen Zeiten Liquidität zur Verfügung stellen und in schlechten Zeiten aus der Patsche helfen.

Doch dieses Geschäftsmodell wird nun aus zwei Richtungen bedroht: durch das Aufkommen privat emittierter Kryptowährungen und durch digitales Zentralbankgeld. Das Zentralbankgeld dürfte dabei der ernsthaftere Herausforderer sein. Schließlich können die Banken die Konkurrenz aus der Kryptobranche abwehren, indem sie selbst Kryptowährungen herausgeben oder in sie investieren (auch wenn sie dabei gesetzlichen Einschränkungen unterliegen). Aber die Art Geld, das in einer Krise jeder haben will, können sie nicht herstellen: vom Staat herausgegebenes Geld. Die Banken wissen sehr wohl, dass Staaten, die in das Geschäft mit digitalen Währungen einsteigen, theoretisch die Zwischenhändler ausschalten können.

Traditionell ist das Zahlungssystem privat organisiert

Jahrhundertelang haben sich Staaten auf privat betriebene Zahlungssysteme verlassen und diese unterstützt – von übertragbaren Wechseln bis hin zu von Banken geschaffenem Geld. Das war bequem und trug zur Förderung des Wirtschaftswachstums bei. Doch diese Bequemlichkeit hatte ihren Preis. Die herausragende Rolle der Banken im Zahlungs- und Sparsystem ermöglichte es diesen, die Wirtschaft in Krisenzeiten in Geiselhaft zu nehmen, was sie wiederum ermutigte, ihre Kreditvergabe auszuweiten und im Laufe der Zeit größere Risiken einzugehen. 

Das blieb den Staaten nicht verborgen. Man denke nur an das US-amerikanische Glass-Steagall-Gesetz, das als Reaktion auf die der Großen Depression vorangegangene Finanzkrise erlassen wurde. Glass-Steagall trennte das Investmentbanking vom Geschäft der Geschäftsbanken. Banken, die in ersterem tätig waren, konnten so viele Risiken eingehen, wie ihre Kunden und Anleger tolerierten, während letztere streng reguliert und beaufsichtigt wurden, um die Sparer und das Zahlungssystem vor diesen Risiken zu schützen. Doch unter dem Druck der Finanzindustrie schafften der Kongress und die Clinton-Regierung Glass-Steagall 1999 ab und schufen damit die Voraussetzungen für die Finanzkrise von 2008.

Chance für Zentralbanken

Jetzt aber eröffnet das digitale Zentralbankgeld Möglichkeiten, das Zahlungssystem vor den auf Gewinnmaximierung ausgelegten und risikofreudigen Unternehmungen der Banken zu schützen. Die Zentralbanken könnten anbieten, die digitalen Geldbörsen der Bürger zu verwalten und sofortige Zahlungen direkt mit ihnen abzuwickeln, während die Banken weiterhin Kredite und andere Finanzdienstleistungen anbieten könnten – auch wenn ihre Einlagenbasis schrumpfen könnte, was sie veranlassen würde, sich stärker auf ihre eigenen Mittel zu stützen. 

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Katharina Pistor

Katharina Pistor ist Professorin für vergleichende Rechtswissenschaften an der Columbia Law School und Autorin des Buchs »Der Code des Kapitals«.

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