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Autogipfel: Klimaschutz und hohe Renditen sind schwer zu vereinen

Mit dem Autogipfel will Merz signalisieren, dass er die Krise der Branche angeht. E-Autos gehören die Zukunft, doch sie rentieren sich nicht.

5 Minuten Lesedauer

Friedrich Merz und BMW-Chef Oliver Zipse mit mit dem neuen BMW iX3 Elektro SUV. Credit: IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Am Donnerstag treffen sich die Chefs der großen deutschen Autokonzerne mit dem Bundeskanzler und anderen Politikern. Mit dem Gipfel will Friedrich Merz signalisieren, dass er den Ernst der Lage verstanden hat. Denn die Autobranche ist konfrontiert mit den Folgen ihres jahrzehntelangen Erfolgs: Klimakrise, überfüllte Märkte und ein globaler Verdrängungswettbewerb. Die Lösungen, die Politiker und Manager für diese Probleme anbieten, zeigen, wie schwierig es ist, Klimaschutz mit wettbewerbsfähigen Kapitalrenditen zu vereinbaren.

Die Klimakrise wurde durch die profitable Verbreitung des motorisierten Individualverkehrs vorangetrieben – der Verkehrssektor ist für 16 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich. Ein ökonomisches Problem ist sie wegen ihrer absehbar explodierenden Kosten, die das globale Wirtschaftswachstum bremsen werden. Beim Klimaschutz per Elektromobilität geht es also nicht darum, die Umwelt vor den Folgen dieses Wachstums zu schützen, sondern das Wachstum vor den Folgen fortschreitender Umweltzerstörung. Das ist die ökonomische Rationalität.

Ziel ist also »sicherzustellen, dass die EU-Klimaziele erfüllt werden und gleichzeitig die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas, der sozialen Zusammenhalt und die strategische Widerstandsfähigkeit seiner Lieferketten gewährleistet« bleiben, so ein Brief europäischer Autobauer an die EU-Kommission. Die Politik steht damit vor der Aufgabe, einerseits die Autobauer zur Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte anzureizen und gleichzeitig ihre Rentabilität zu sichern. 

Chinas Autobauer bestimmen den Wettbewerb

Das ist ein Problem. Denn erstens beruht diese Rentabilität bislang auf dem Verkauf von Verbrennermodellen, deren Gewinnspannen deutlich höher sind als die von E-Autos. Zudem sind die Produktionsanlagen für Verbrennermodelle bereits vorhanden, während die Errichtung von Anlagen für E-Autos hohe Investitionen erfordern. Branchenweit berichten deutsche Hersteller, dass sie von 2020 bis 2034 etwa 320 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investieren wollen sowie 220 Milliarden Euro speziell für Elektromobilität mobilisieren. Diese Investitionen führen bei deutschen Autokonzernen derzeit jedoch zu deutlich sinkenden Gewinnen und Renditen. Am Ende zählt nur das, »was tatsächlich in der Kasse ankommt«, stellte VW-Finanzchef Arno Antlitz klar.

Damit sich diese Investitionen rechnen, brauchen die Hersteller vor allem eins: große Produktionsmengen, um die hohen Fixkosten auf viele Autos zu verteilen. Allerdings verläuft der Verkauf von E-Autos schleppend, vor allem im »Heimatmarkt« Europa. Das erhöht die Kosten pro Stück und verhindert Preissenkungen, die wiederum den Verkauf ankurbeln könnten.

Dazu kommt das Problem China. Das Land hat zwar den weltgrößten E-Automarkt, die chinesischen Hersteller jagen den deutschen dort jedoch längst die Marktanteile ab. Da Chinas Autobauer »schon lange auf Elektro-Fahrzeuge konzentriert sind oder ihre Wurzeln in der Elektroindustrie haben, weisen sie in einigen Bereichen einen technischen Vorsprung auf«, erklärt die Commerzbank. »Hinzu kommen Kostenvorteile der Produktion in China.«

Überkapazitäten verschärfen den Konkurrenzkampf

Die mangelnde Nachfrage nehmen die Hersteller nicht zum Anlass, ihre Produktion zu senken. Stattdessen investieren sie Milliarden, um mehr Fahrzeuge herzustellen und den Konkurrenten Marktanteile abzunehmen. Das hat in China inzwischen dazu geführt, dass der Markt komplett überfüllt ist – alle Unternehmen beklagen massive »Überkapazitäten«, die zu Preiskriegen führen, die die Rendite weiter dämpfen. Schrittweise weiten sich diese Überkapazitäten auf andere Länder aus, da alle Wettbewerber versuchen, ihre Fahrzeuge in bislang vernachlässigten Märkten Asiens, Europas oder Lateinamerikas loszuschlagen.

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Stephan Kaufmann

Stephan Kaufmann ist Wirtschaftsjournalist, verfasste einige Bücher und schreibt heute unter anderem für nd.DieWoche, Frankfurter Rundschau, Freitag und Deutschlandfunk.

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