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Das Wirtschaftsmagazin

Der Schlüssel für die Entwicklungsfinanzierung

Aktuell fließt mehr Geld aus dem Globalen Süden in den Norden als andersherum. Diese Abhängigkeit muss überwunden werden.

4 Minuten Lesedauer
Der Globale Norden hat dem Globalen Süden den Geldhahn zugedreht. Credit: IMAGO/photothek

Die Zeit der »großzügigen« Entwicklungshilfe ist vorbei. Das Engagement der reichen Länder für die offizielle Entwicklungshilfe schwindet rapide. Aufgrund veränderter innenpolitischer Prioritäten, politischer Polarisierung und Forderungen der Verfechter einer strikten Sparpolitik in den Vereinigten Staaten und Europa stagnieren die Budgets für Entwicklungshilfe – oder sinken sogar. Zusagen im Bereich Klimafinanzierung – einst als Beweis für globale Solidarität gepriesen – werden zunehmend aus bestehenden Verpflichtungen finanziert und nicht mit neuen Geldern unterfüttert.

Der Rückgang der Hilfe ist jedoch nur ein Teil des Problems. Das tiefere, noch gravierendere Problem besteht darin, dass die reichen Länder quasi nur Kleingeld an den Globalen Süden verteilen, während im Gegenzug von dort große Summen in den Globalen Norden fließen. Laut einer neuen Studie des Political Economy Research Institute der University of Massachusetts in Amherst verzeichneten die Entwicklungsländer Afrikas zwischen 1970 und 2022 einen erstaunlichen Finanzabfluss in Höhe von 2,7 Billionen US-Dollar. Gleichzeitig beliefen sich die Zuflüsse aus öffentlicher Entwicklungshilfe und ausländischen Direktinvestitionen auf nur 2,6 Billionen Dollar. Trotz aller Gespräche über die »Kapitalmobilisierung« zur Entwicklungsförderung hat das globale Finanzsystem Afrika einen Nettoverlust beschert.

Ein Teil dieser Verluste ist seit Langem bekannt: Kapitalflucht, Steuerhinterziehung und Gewinnverlagerungen multinationaler Unternehmen. Verschärft hat sich die Situation durch Zinsschocks, steigende Schuldendienstkosten und eine zunehmende Investitionszurückhaltung des Privatsektors gegenüber dem Globalen Süden. Während die Geberländer darüber debattieren, ob sie sich weitere Hilfen leisten können, verliert der Globale Süden kontinuierlich Ressourcen.

Die Institutionen müssen neu gestaltet werden

Die bittere Wahrheit ist, dass es bei der Entwicklungsfinanzierung nicht nur darum geht, mehr Hilfe freizugeben, sondern auch darum, die Verluste zu begrenzen und den Ländern Instrumente an die Hand zu geben, mit denen sie ihr eigenes Kapital zu erschwinglichen Konditionen mobilisieren können. Das bedeutet, die Architektur der Entwicklungsfinanzierung von Grund auf zu überdenken.

Der erste Schritt besteht in einem veränderten Diskurs. Anstatt uns auf die schwindende Großzügigkeit der G7 zu konzentrieren oder an der Hoffnung festzuhalten, dass die reichen Länder sich ihrer historischen Verantwortung bewusst werden, sollten wir das unentdeckte Potenzial der Finanzinstitutionen des Globalen Südens erkennen.

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Laura Carvalho

Laura Carvalho ist Direktorin für Wirtschafts- und Klimawohlstand bei den Open Society Foundations sowie außerordentliche Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität von São Paulo.

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