Demokratische Gesellschaften brauchen freie und faire Wahlen sowie eine unabhängige und unparteiische Justiz, die Streitigkeiten ohne Rücksicht auf die Identität der Parteien beilegt. Werden die Gesetze einer Demokratie nicht unparteiisch und ohne Einmischung der Exekutive durchgesetzt, ist sie ihren Namen nicht wert.
Aber gilt das auch für die Verwaltung des Geldes in einer Demokratie? Wenn unabhängige, technokratische Zentralbanken der Demokratie nicht förderlich sind, wie sollte dann die Geldpolitik aussehen? Noch vor Kurzem wären solche Fragen als ketzerisch angesehen worden. Die gängige Meinung war, dass die Zentralbanken für die Geldpolitik verantwortlich sein sollten und dass sie von der Einmischung der Exekutive, der Legislative und sogar der Gerichte (mit einigen Ausnahmen) unabhängig sein sollten.
Doch die Zeiten haben sich geändert. US-Präsident Donald Trump hat sich zum größten Störenfried langgehegter Annahmen in nahezu allen politischen Fragen entwickelt, auch in der Geldpolitik. Indem er öffentlich über die Entlassung des Federal-Reserve-Chefs diskutiert, greift er nicht nur Jerome Powell persönlich an, sondern auch die Überzeugung, dass Zentralbanken unabhängig sein sollten. Die Märkte gerieten in Panik, aber das sollte uns nicht davon abhalten, innezuhalten und zu fragen, ob die aktuelle Währungsregelung tatsächlich ihren Zweck erfüllt und welchem Zweck sie überhaupt dient.
Technokratische Neutralität?
Die Idee, dass Zentralbanken sowohl öffentlich als auch unabhängig sein sollten, ist relativ neu. Die Bank of England wurde 1694 gegründet und entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer Zentralbank, obwohl sie sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg in Privatbesitz befand. Die US-Notenbank Federal Reserve wurde erst 1913 gegründet. Das Mandat der Zentralbanken ist gesetzlich festgelegt, wobei die Gewährleistung von Preisstabilität für die meisten oberste Priorität hat. Einige Zentralbanken, darunter die Fed, haben jedoch auch andere Aufgaben, wie beispielsweise die Förderung von Vollbeschäftigung.