Künstliche Intelligenz (KI) verändert unser Leben. Für die einen ist sie der ultimative Heilsbringer: Effizienzsteigerer in der Arbeits- und Lebenswelt, Lösung für den Klimawandel und Quelle wissenschaftlicher Durchbrüche in der Medizin. Andere – wie OpenAI-CEO Sam Altman oder Elon Musk – prophezeien das Ende der Welt und der vollständigen Übernahme menschlicher Arbeit. Doomsday-Szenarien von Ökonomen wie Daniel Susskind oder Carl Benedikt Frey und Michael Osborne befeuern dieses Narrativ.
Doch die Auswirkungen von KI sind vielschichtiger: Durch den enormen Wasser- und Energieverbrauch wird ihr Nutzen als Werkzeug zur Eindämmung der Klimakatastrophe derzeit kritisch gesehen. Potenziellen Fortschritten in der Medizin stehen gesundheitliche Risiken durch Luftverschmutzung der Menschen vor Ort gegenüber. Statt von einer Übernahme durch KI zu träumen, sollten wir uns vielmehr Gedanken über die Macht und politische Einflussnahme autoritärer »Techbros« machen. Nur unter demokratischer Kontrolle und als kollektives Gut organisiert, so Surplus-Kolumnistin Aya Jaff, kann KI der breiten Gesellschaft zugutekommen.
An diesen Punkt anknüpfend sind wir – Forschende des Digital Futures at Work Forschungszentrums und des Institute for the Future of Work – in unserer kürzlich im British Journal of Industrial Relations veröffentlichten Studie der Frage nachgegangen, wer auf der Arbeit finanziell von KI profitiert. Konkret: Wie wirken sich Investitionen in und der Gebrauch von KI auf Löhne aus?
Eine begrenzte Revolution
Trotz aller Schlagzeilen ist der tatsächliche Einsatz von KI in Großbritannien bislang begrenzt. Nur rund ein Drittel der Unternehmen hat in den letzten fünf Jahren in KI-Technologien investiert, und ein ähnlich großer Anteil der Beschäftigten nutzt solche Technologien häufig oder ständig. In den meisten Betrieben bedeutet Digitalisierung also weiterhin Excel und E-Mail, nicht maschinelles Lernen und autonome Roboter.
Ein Großteil der Investitionen in KI konzentriert sich auf wenige Branchen und stammt überwiegend von Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Kleine und mittlere Unternehmen investieren selten. Wenn sich daran nichts ändert, könnte KI bestehende ökonomische Ungleichheiten – die zunehmend aus Lohnunterschieden zwischen Unternehmen resultieren – eher vertiefen als verringern.
Die neue Lohnpolitik der Künstlichen Intelligenz
Seit Jahrzehnten argumentieren Ökonominnen und Ökonomen, dass digitale Technologien vor allem Hochqualifizierte begünstigen. Das Konzept des skill-biased technological change besagt, dass Computerisierung die Nachfrage nach qualifizierter Arbeit erhöht, »unkomplexere« Arbeit ersetzt, und damit Lohnungleichheiten vergrößert.
Doch unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass KI die Chance bietet, dieses Muster aufzubrechen. Wenn Unternehmen KI einführen, profitieren nicht nur Akademikerinnen und Akademiker. Besonders bei Beschäftigten mit niedrigerem Bildungsabschluss zeigt sich: Wer KI regelmäßig im Arbeitsalltag nutzt, verdient signifikant mehr.
Anders ausgedrückt bedeutet das: Wenn Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten KI in ihre Arbeit integrieren, können sie an den Produktivitätsgewinnen teilhaben. Das stellt die verbreitete Vorstellung infrage, KI zerstöre zwangsläufig gute Arbeitsplätze.
Mitbestimmung macht den Unterschied
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