Aus den 300 Milliarden Euro Sondervermögen, die der Bund ausgeben darf, fließt kein einziger zusätzlicher Euro in frühkindliche Bildung oder Grundschulbildung. Dabei liegt Deutschland laut OECD-Bildungsbericht bei Ausgaben für Primarbildung auf dem drittletzten Platz – nur Ungarn und die Türkei wenden weniger im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung auf.
Wie kann das sein? Die Forscher Tom Krebs und Martin Scheffel beziffern die fiskalische Rendite solcher Investitionen auf rund 14 Prozent. Am ökonomischen Argument scheitert es also nicht. Es scheitert daran, dass die einen – die Kommunen und Länder – oft nicht zahlen können, während der Bund nicht will, weil er formal nicht zuständig ist. Wer will, dass sich etwas ändert, muss diesen gordischen Knoten durchschlagen.
Womöglich braucht es einen wissenschaftlichen Beweis, dass es wirklich nicht anders geht, um zu zeigen, wie viele Kommunen in einer Haushaltsnotlage sind – in der sie sparen müssen, wo immer möglich.
Oder der Bund könnte seine Verantwortung für Kinder endlich so ernst nehmen wie für die stromintensive Industrie, deren Subventionen pro Arbeitsplatz die Kosten eines Grundschülers bei weitem übersteigen. Primarbildung zu vernachlässigen ist kein Kavaliersdelikt, sondern führt langfristig zu weniger Wohlstand – und für den Bundeshaushalt zu noch größeren Löchern als heute.
Auf jede Helferstelle kommen heute 11 Arbeitslose ohne Berufsqualifikation. Wer Primarbildung vernachlässigt, zahlt später durch höhere Bürgergeldkosten. Diese Kosten lassen sich auch mit drastischen Sanktionen kaum eindämmen – selbst maximale Härte spart nur Millionen, nicht Milliarden.
Wer nach der großen Reform sucht: Macht sie zur Bildungsreform. Geld für Bildung muss immer gesichert sein, im Zweifel über den Bund. Das ist ureigenste Staatsaufgabe. Schon der sozialistische Politiker Ferdinand Lassalle wusste: »[D]er Zweck des Staates ist […] die einzelnen in den Stand zu setzen, […] eine Summe von Bildung, Macht und Freiheit zu erlangen, die ihnen sämtlich als einzelnen schlechthin unersteiglich wäre.«
