Souveränität bedeutet, etwas nach eigenen Prinzipien gestalten zu können. Das ist im Digitalen schon lange nicht mehr der Fall, und im Journalismus erst recht nicht. Der Erfolg, sogar das Überleben vieler Medien hängt von übermächtigen Digitalkonzernen ab, das hat auch die deutsche Bundesregierung als Problem erkannt. Deswegen will Kulturstaatsminister Wolfram Weimer von Digitalkonzernen eine neue Abgabe erheben, wie im Koalitionsvertrag angekündigt. Dass die Abhängigkeiten von Big-Tech-Konzernen wie Google und Meta, aber auch Amazon, Microsoft und Apple ein Problem sind, findet Zuspruch aus allen politischen Lagern.
Angesichts von Drohgebärden der Trump-Regierung, digitale Dienste nach politischem Gutdünken abzuschalten, erhält der Wunsch nach digitaler Souveränität neue politische Aufmerksamkeit in Deutschland und der EU. Die Pläne für eine Digitalabgabe in Höhe von 10 Prozent des Umsatzes von Werbeplattformen, die einen bestimmten Umsatz übersteigen, reihen sich darin gut ein: Sie können in Verbindung mit anderen Bestrebungen dazu beitragen, die Macht von Big Tech systematisch einzuhegen. Diese Bestrebungen umfassen Wettbewerbsverfahren – und das auf beiden Seiten des Atlantiks: Auch unter der Trump-Regierung laufen US-Prozesse weiter, die Google zum Verkauf von Werbeplattformen oder des Browsers Chrome zwingen oder Metas (seinerzeit Facebooks) Käufe von WhatsApp und Instagram rückabwickeln könnten. Auch in der EU läuft ein Verfahren zur Übermacht von Werbeplattformen; zudem hat die EU-Kommission seit dem Frühjahr das Verhalten mehrerer Big-Tech-Konzerne als unzureichend befunden, um dem Digital Markets Act, einer Art wettbewerbsförderlichen Regulierung, zu genügen.
Des Weiteren ist im Gespräch, staatliche Vergabe weg von Big Tech und hin zu europäischen oder Open-Source-Unternehmen zu lenken, Regulierung wie die KI-Verordnung abzuschwächen oder auch klassische Industriepolitik in Form von Subventionen für beispielsweise Chipfabriken zu betreiben.
Werbemärkte sind weiterhin das finanzielle Rückgrat des Internets
Es ist kein Zufall, dass sowohl die Wettbewerbsverfahren als auch Weimers Vorschlag die Werbemärkte in den Fokus nehmen. Werbung stellt die wichtigste Einnahmequelle der Konzerne dar: Im ersten Quartal 2025 hat Meta 98 Prozent seiner Einnahmen über Werbung erzielt, bei Google sind es bis zu 86 Prozent. Werbung hat sich als der übliche Weg etabliert, um digitale Inhalte zu Geld zu machen – wobei diejenigen, die die Inhalte bereitstellen, oft leer ausgehen. Das hat vor allem den Journalismus hart getroffen.