Am Ende des alten indischen Epos Mahabharata zerstört sich Krishnas Yadava-Dynastie selbst. Viele düstere Omen sagen ihren Untergang voraus: Die Natur verhält sich unberechenbar und Schädlinge werden immer zahlreicher. Sünde, Betrug und Gewalt greifen um sich und untergraben Vertrauen und Solidarität. Die Mitglieder der Dynastie demütigen und beleidigen die weisen Ältesten. Als Krishnas erweiterte Familie einen Ausflug macht, betrinken sich die Männer, geraten in Streit und greifen sich gegenseitig an, bis schließlich alle tot sind.
Diese mahnende Geschichte findet angesichts der – auch in Südasien – eskalierenden geopolitischen Spannungen und der protektionistischen Politik vieler Länder erneut Resonanz. Die zweite Amtszeit von US-Präsident Donald Trump hat wesentlich zur aktuellen Fragmentierung und Unordnung beigetragen. Aber auch andere wohlhabende Länder haben die Situation verschärft, da sie als Reaktion auf Trumps feindselige Politik keine echte Solidarität erkennen ließen.
Die mangelnde Entwicklungszusammenarbeit ist ein Paradebeispiel für diesen zunehmenden Drang nach einem Gleichgewicht des Schreckens in der Entwicklungspolitik. Zwar war die Hilfe der Geberländer bereits zuvor rückläufig, doch die jüngsten Ereignisse haben die Ungerechtigkeiten des Systems offenbart. Die Covid-19-Pandemie hat die Gier westlicher Regierungen zutage treten lassen und das Vertrauen anderer in ihre globale Führungsrolle erschüttert. Darüber hinaus hat die Tatsache, dass diese Regierungen seit der russischen Invasion 2022 den größten Teil ihrer schwindenden Entwicklungshilfebudgets in die Ukraine umgeleitet und damit anderen kriegsgeschüttelten und bitterarmen Ländern Mittel entzogen haben, die weitgehend eigennützige Haltung gegenüber solchen »Wohltätigkeitsleistungen« unterstrichen.
Dennoch ist es überraschend – und entmutigend – dass andere Geberländer nicht eingesprungen sind, nachdem Trump fast alle US-Auslandshilfegelder und -programme gestrichen hat. Dies wäre naheliegend gewesen, nicht unbedingt aus Solidarität, sondern einfach aus geopolitischem Eigeninteresse.
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