Der Sachverständigenrat für Wirtschaft (SVR) hat seine Frühjahrsprognose veröffentlicht. Viele der Erkenntnisse sind wenig überraschend. So gehen die Wirtschaftsweisen weiterhin von einer ausgeprägten Schwächephase aus und revidieren ihre Erwartungen für 2025 auf eine faktische Stagnation des Bruttoinlandsprodukts. Der Bericht bemängelt die üblichen strukturellen Defizite (insbesondere wachstumshemmende Bürokratie), unterstreicht die international schwierige Lage durch Handelskonflikte, die auch deutsche Kernbranchen beeinträchtigt, und sieht mögliche Impulse für die nähere Zukunft vor allem in dem angekündigten, kreditfinanzierten Investitionspaket der Bundesregierung – sofern es effizient umgesetzt wird.
Aus dem Bericht leiten sich aber auch drei Erkenntnisse ab, die aufhorchen lassen sollten: (1) Es gibt keine Zeitenwende in der Finanzpolitik. (2) Eine Grundsatzdebatte über das Wachstumsmodell findet nicht statt. (3) Die reine ordoliberale Lehre ist im Rat eine Minderheitsmeinung.
1. Keine Zeitenwende in der Finanzpolitik
Möglicherweise ist dies eine provokante These, da der SVR eine »Zeitenwende bei den öffentlichen Finanzen« in einem Unterkapitel explizit festhält. Inhaltlich jedoch gibt der Bericht eine solche Einschätzung nicht her.
Der SVR bezieht sich darin einerseits auf eine expansivere Haushaltspolitik, die für das zweite Halbjahr erwartet wird, sowie einen höheren Verschuldungsspielraum für die Länder durch die Reform der Schuldenbremse. Doch allenfalls wird es eine Korrektur der Ausgaben geben – von einer »Zeitenwende« ist nichts zu sehen. Deutlich wird dies unter anderem an der Prognose der Staatsverschuldung zum BIP, die bis 2026 marginal auf 65,4 Prozent ansteigen soll (siehe Abbildung 1).
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