Ein Turm aus Schulden – so könnte man das globale Finanzsystem im Jahr 2025 beschreiben. Einige werden sich vielleicht an den Film The Big Short erinnern, der die Ereignisse der Finanzkrise von 2008 mithilfe eines Jenga-Turms schonungslos offenlegte. Erst scheint alles stabil – bis jemand einen kleinen Baustein zieht und das ganze Gebilde ins Wanken gerät. Ein Baustein, der dieses Mal den Turm zum Einstürzen bringen könnte, heißt: Private Credit.
Die Vorboten einer Finanzkrise sind meist leise. Sie entstehen fern der großen Metropolen, entwickeln sich im Verborgenen – und bleiben oft unbemerkt, bis plötzlich das ganze Haus in sich zusammenfällt. So war es 2007, als in den Städten der USA immer mehr Eigenheimbesitzer ihre steigenden Kreditraten nicht mehr bedienen konnten. Was als kleiner Riss im Fundament in der US-Immobilienprovinz begann, löste eine Kettenreaktion auf das gesamte Finanzsystem aus – ein Netzwerk aus Schulden, Wetten und Blindvertrauen, das binnen Monaten kollabierte und Banken rund um den Globus in den Abgrund riss. Am Ende mussten Banken auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler teuer gerettet werden – ein bitteres Kapitel in der Finanzgeschichte, das sich nicht wiederholen darf.
Fast 20 Jahre später könnten Firmenpleiten die kleinen Risse sein. Zuletzt ging beispielsweise überraschend der US-Autoteilehersteller First Brands pleite. Schnell stellte sich heraus, dass wohl Betrug im Spiel war und die Kreditgeber die Risiken nicht gründlich genug analysiert hatten. Kurz zuvor war mit Autokreditgeber Tricolore eine weitere US-Firma pleitegegangen und an den Börsen ging die Angst um, dass es da noch größere Probleme geben könnte. Der Blick richtete sich dabei besonders auf Private-Credit-Fonds.
Was ist Private Credit?
Private Credit bezeichnet Kredite, die nicht von Banken, sondern von spezialisierten Fonds vergeben werden. Diese Fonds – oft Ableger großer Private-Equity-Häuser wie Blackstone oder Apollo – sammeln Geld von institutionellen und wohlhabenden Anlegenden und verleihen es an Unternehmen. Da sie keine Kundeneinlagen annehmen, unterliegen sie nicht der klassischen Bankenregulierung. Private Credit ist also Kreditvergabe außerhalb des Bankensystems – und ein Markt, der rasant wächst. Seit Anfang der 2000er Jahre ist der Markt von rund 200 Milliarden auf über 2,5 Billionen US-Dollar gewachsen. Es könnte auch noch mehr sein, aber ganz genau kann es nicht einmal die Notenbank der Notenbanken, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), sagen, denn der Markt für private Kredite ist wenig transparent.
Dieselben Private-Equity-Firmen haben neben den klassischen Firmenübernahmen ein zweites Geschäftsfeld eröffnet: die Kreditvergabe. In den Jahren niedriger Zinsen zog die Aussicht auf zweistellige Gewinne viele Investoren an. Der Sektor ist massiv gewachsen.
Private Credit erledigt mittlerweile viel von dem, was früher mal das Geschäft der Banken war: die Kreditvergabe an Unternehmen aus der Realwirtschaft. Das Problem: Die Private-Credit-Fonds sind weit weniger reguliert als Banken und können deshalb höhere Risiken eingehen. Viele der Firmen, die sie finanzieren, wären bei klassischen Banken längst durch das Raster gefallen – oft, weil sie bereits hoch verschuldet sind.
Warum ist das ein Systemrisiko?
Was diese Fonds genau tun, bleibt oft unklar – die fehlende Transparenz erschwert sowohl Aufsehern als auch Investoren den Überblick. Sicher ist, dass Private-Credit-Fonds kaum Berichtspflichten und oft intransparente Bewertungsmodelle haben. Hinzu kommen Konzentrationsrisiken: Einige wenige Akteure kontrollieren den Großteil des Marktes.
