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Das Wirtschaftsmagazin

Studie: Gegen die Krisenstimmung hilft ein starker Staat

Die wirtschaftliche Unzufriedenheit in Deutschland ist hoch. Doch das bietet auch Chancen für eine gemeinwohlorientierte Wirtschaftspolitik.

4 Minuten Lesedauer
Ein Beispiel für gute öffentliche Daseinsvorsorge: Der Busbahnhof in Bremen. Credit: IMAGO / Eckhard Stengel

Der Lage der deutschen Wirtschaft schlägt auf die Gemüter. Seien es hohe Energiepreise, die schwächelnde Autoindustrie oder der Handelskrieg – überall herrscht Krisenstimmung. Eine neue Studie bietet nun drei wichtige Erkenntnisse, wie die wirtschaftliche Lage das Denken der Menschen in Deutschland beeinflusst. Eine Mehrheit wünscht sich eine stärkere Gemeinwohlorientierung des Staates. Doch Jahrzehnte des Neoliberalismus haben auch in der Mentalität ihre Spuren hinterlassen: Eine wirkliche Alternative zum Status Quo kann sich kaum jemand wirklich vorstellen. 

In ihrer Studie Unzufriedenheit ohne klare Alternative erforschen die beiden Sozialwissenschaftler Jan Eichhorn und Tobias Spöri, »wie sich bestimmte Entscheidungen nicht nur auf den Kontostand, sondern auch die Wahrnehmungen von verschiedenen Personengruppen in Deutschland auswirken«. Dafür haben sie zwölf Kleingruppeninterviews mit jeweils vier Teilnehmenden durchgeführt, wobei jede Gruppe divers zusammengesetzt war – etwa nach Kriterien von Alter, Geschlecht, Wohnumfeld (Stadt oder Umland), Migrationshintergrund, Parteipräferenz oder Bildungsgeschichte. Außerdem haben sie eine repräsentative Umfrage mit 1.968 Teilnehmenden gemacht, um zu überprüfen, wie die von ihnen ausgemachten Narrative in der Bevölkerung verfangen. 

1. Die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage ist düster

Eine grundsätzliche Erkenntnis ist wenig überraschend: So schreiben die Autoren, dass die meisten Menschen, »auch jene, die gut situiert sind, oft Sorgen über ihre Zukunft – und die zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklungen generell« äußern. Insgesamt 43 Prozent schätzen die gesamtwirtschaftliche Lage als sehr negativ oder negativ ein. Die Krisen der letzten Jahre hinterlassen ihre Spuren. Grundsätzlich sei es so, dass die Menschen unabhängig von ihrer sozialen Situation »ein hohes ökonomisches Problembewusstsein« haben, wirtschaftliche Themen aber in der Regel aus einer stark persönlichen Perspektive betrachten. Das Ökonomische wird dabei häufig mit politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen verknüpft. Eines der wichtigsten Themen sind dabei die gestiegenen Preise, die im Alltag der vor allem bei Gering- und Normalverdienern eine direkte Auswirkung auf ihr Leben haben. Eine Teilnehmerin konstatiert zum Beispiel, es sei »der Wahnsinn, wie viel Deos jetzt mittlerweile kosten«. Die Inflation nehmen gerade Menschen mit niedrigem Einkommen als existenzbedrohend wahr. Die Mittelschicht wiederum wird von Abstiegsängsten heimgesucht. 

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Matthias Ubl

Matthias Ubl ist Chef vom Dienst bei Surplus. Als Journalist arbeitete er unter anderem für »Die Zeit« und die »FAZ«. Er ist Host des Podcast »Jacobin Talks«.

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