Die Schweiz steht am 30. November 2025 vor einer wegweisenden Entscheidung: Mit der Volksabstimmung zur »Zukunftssteuer« wird eine zweckgebundene Erbschafts- und Schenkungssteuer für Mega-Vermögen von über 50 Millionen Franken mit einem Steuersatz von 50 Prozent zur politischen Option. Die Einnahmen sollen zweckgebunden sein und gezielt für sozial gerechte Klimaschutzmaßnahmen genutzt werden. Die Juso, also die Jungpartei der Schweizer Sozialdemokratie, hat den Volksentscheid initiiert. Sie fordern, dass Superreiche für ihre Verantwortung an der Klimakrise zahlen sollen.
Eine positive Abstimmung könnte eine enorme Wirkung entfalten. Denn falls die Schweizer am Samstag für die Initiative stimmen, muss die Steuer eingeführt und in der Verfassung verankert werden. Tatsächlich ist die Schweiz extrem ungleich: 1 Prozent der Bevölkerung besitzt fast 45 Prozent des Gesamtvermögens. Während die Steuern auf Arbeitseinkommen im Durchschnitt bei rund 30 Prozent liegen, fallen auf eine Erbschaft praktisch kaum Steuern an. Die Vermögenselite der Schweiz hat den größten Teil ihres Reichtums geerbt, wie eine Studie der Ökonomen Isabel Martinez und Enea Baselgia zeigt. Die 300 reichsten Schweizer Familien haben ihr Vermögen in den letzten zwanzig Jahren zudem auf 833,5 Milliarden Schweizer Franken verdoppelt.
In einer Gesellschaft mit zunehmender Ungleichheit ist es politisch relevant, dass die wenigen absoluten Gewinner des Systems zur Verantwortung gezogen werden. Wer ein Vermögen weitergibt, das weit über dem Durchschnitt liegt, trägt Verantwortung – nicht nur gegenüber seinen Erben, sondern gegenüber der Gesellschaft und der Zukunft. Der Soziologe Klaus Dörre betont zudem, dass die Produktion für den Luxuskonsum der wohlhabendsten Klassen zu einem der wichtigsten Treiber des Klimawandels geworden ist.
Das reichste ein Prozent der Weltbevölkerung verursacht rund 15 Prozent aller konsumbasierten CO₂-Emissionen – also jener Emissionen, die direkt durch seinen Lebensstil und seine Konsumausgaben entstehen. Noch größer ist ihr Einfluss über Kapital: Das oberste ein Prozent ist für etwa 41 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich, die aus privatem Kapitalbesitz stammen – also aus Unternehmen und Anlagen, deren Eigentümerinnen und Eigentümer sie sind. Wir alle haben ein Interesse daran, dass hier eingegriffen wird, zum Beispiel über eine Erbschaftsteuer – und das Geld in sinnvolle Dinge wie Klimaresilienz und Soziales gesteckt wird.
Aufgrund des großen medialen und politischen Einflusses der Superreichen ist die Ablehnung und die Kritik an der Volksabstimmung jedoch groß. »Die Juso zwingen mich, auszuwandern«, klagte SVP-Unternehmer Peter Spuhler in der SonntagsZeitung. Auch die Ems-Erbin und SVP-Politikerin Magdalena Martullo-Blocher dachte laut darüber nach, das Land zu verlassen. Eine so hohe Besteuerung gefährde den Wohlstand der Schweiz und vor allem das Überleben von Unternehmen, klagen Kritiker.
Die Kritik an der Erbschaftsteuer ist interessegeleitet
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