Gustav Horn, der Vorsitzende des Wirtschaftspolitischen Beirats der SPD, hat in einer Stellungnahme zu den jüngsten Maßnahmen der Koalition aus CDU und SPD, Kritik an den angebotsseitigen Maßnahmen geäußert, die seine eigene Partei mit beschlossen hat. Das ist bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist, dass er trotz der Kritik an einseitiger Angebotspolitik entscheidende Fehler in seiner Analyse macht. Sie zeigen, wo die SPD und große Teile der Linken irren: Wenn die Zeiten härter werden, können auch sie sich nicht von dem mikroökonomischen Dogma lösen, dass man den Gürtel enger schnallen muss.
Horn, der einst mit mir zusammen ein Buch zur Logik von Angebots- und Nachfrageschocks verfasst hat, schreibt: »Richtig ist: Wir hatten einen harten, negativen Angebotsschock durch die Energiekrise mit Russland. Dieser wurde aber durch zahlreiche völlig gerechtfertigte angebotsseitige Stützungsmaßnahmen aufgefangen. Richtig ist auch: Viele Industriezweige stecken mitten in einem Strukturwandel, der durch ebenfalls auf der Angebotsseite ansetzende strategische Industriepolitik und eine durchgreifend verbesserte Infrastruktur unterstützt werden muss.«
Das ist falsch. Das eigentliche Problem ist, dass dem Angebotsschock in der Regel ein Nachfrageschock folgt. Wie schon in den 1970er Jahren verursacht der negative Angebotsschock eine Preissteigerungswelle und gleichzeitig einen negativen Nachfrageschock, weil diejenigen, die vom Angebotsschock begünstigt sind, damals wie heute, extrem hohe Sparquoten aufweisen. Dieser primäre Nachfrageschock wird massiv verstärkt, weil – wiederum damals wie heute – die Geldpolitik in allen Industrieländern auf die Preissteigerungen wie eine Furie mit Zinserhöhungen reagiert. Der von der Geldpolitik verursachte sekundäre negative Nachfrageschock trifft naturgemäß vor allem die Investitionstätigkeit, was insbesondere dem Land schadet, das sich auf die Herstellung von Investitionsgütern für die ganze Welt spezialisiert hat.
Nachfrageschock in Deutschland
Deutschland weist folglich, alle Anzeichen eines klassischen Nachfrageschocks auf. Wer nur vom Angebotsschock redet, kann sich nicht mehr gegen diejenigen wehren, die sagen, man müsse dem negativen Angebotsschock nun einen positiven Angebotsschock vonseiten der Politik folgen lassen. Das ist doch logisch – oder? Und es ist zudem höchst moralisch. Diejenigen, die in den vergangenen Jahren wenig geleistet haben, weil sie überwiegend in der sozialen Hängematte lagen, müssen nun denen unter die Arme greifen, die hart gearbeitet haben, nun aber ohne eigene Schuld (nur wegen des »harten Angebotsschocks«) in Schwierigkeiten sind.
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