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Das Wirtschaftsmagazin

Wohnraummangel macht Investoren noch reicher

Mieten steigen schneller als die Einkommen. Was für Mieterinnen und Mieter oft Armut bedeutet, ist für Investoren beruhigend. Denn das »Blasenrisiko« ist gesunken.

3 Minuten Lesedauer

In Deutschland können sich immer weniger Menschen leisten, neu zu bauen – Investoren hingegen schon. Credit: IMAGO/MiS

Nicht nur in deutschen Großstädten, auch andernorts grassiert die »Wohnarmut«. Die eigenen vier Wände plus Dach überm Kopf werden immer teurer. Was die einen beklagen, ist für die anderen eine Gelegenheit: Da die Mieten schneller steigen als die Gehälter, eignet sich das Grundeigentum immer größere Teile des Einkommens der Bevölkerung an. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Für Investoren werden Immobilien als Geldanlage daher wieder attraktiver. Das Risiko von Immobilienpreisblasen ist gesunken.

Wohnkosten sind zu einem wichtigen Treiber für Armut geworden. Nach konventioneller Berechnung sind in Deutschland 14,4 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet. Ein anderes Bild ergibt sich allerdings, wenn man die Wohnkosten (Warmmiete inklusive Stromkosten) berücksichtigt und das Einkommen ermittelt, das die Menschen tatsächlich zum Leben frei verfügbar haben. In dieser Berechnung sind laut einer Studie der Paritätischen Forschungsstelle von Ende 2024 5,4 Millionen Menschen mehr von Armut betroffen. Insgesamt leiden damit 17,5 Millionen Menschen unter Wohnarmut – das sind 21,2 Prozent der Bevölkerung. Von Wohnarmut wird gesprochen, wenn ein Haushalt mehr als ein Drittel seines Einkommens für die Miete ausgeben muss.

Die alte Faustregel, nach der die Wohnung nicht mehr als ein Drittel des Einkommens kosten sollte, lässt sich auch in anderen Ländern vielfach nicht mehr einhalten. Bereits im Jahr 2023 fraßen die Wohnausgaben bei knapp neun Prozent aller EU-Haushalte über 40 Prozent des Budgets, den Spitzenplatz belegte Griechenland mit 28,5 Prozent der Haushalte. Eine Folge: 16 Prozent der EU-Bevölkerung leben in »overcrowded households«, also überbelegten Wohnungen.

Die hohen Mieten nahmen viele zum Anlass, sich eine Wohnung zu kaufen. Doch das verlagerte das Problem lediglich. Denn laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind »die realen Immobilienpreise in vielen Ländern in den letzten 30 Jahren erheblich gestiegen, was eine deutliche Beschleunigung eines seit Mitte des 20. Jahrhunderts anhaltenden Trends darstellt. Selbst auf nationaler Ebene sind die Immobilienpreise in vielen Ländern viel schneller gestiegen als die Haushaltseinkommen«. 

Mieterinnen und Mieter werden stark belastet

Damit sinkt die »Erschwinglichkeit« von Wohnraum, was nichts anderes bedeutet, als dass sich das Grundeigentum immer größere Anteile an den Haushaltseinkommen aneignet. Das dürfte auch so weitergehen: In den OECD-Szenarien bis zum Jahr 2050 legen die Immobilienpreise in der Hälfte der untersuchten Länder voraussichtlich stärker zu als das, was Mieter und Hauskäufer per Arbeit real verdienen.

Hohe Nachfrage nach dem unersetzlichen Gut Wohnen bei gleichzeitig mangelndem Angebot ist nicht nur eine Gelegenheit für das Grundeigentum, sondern auch für Finanzinvestoren – also jene, die Immobilien nicht zum Wohnen brauchen, sondern als Renditevehikel. Und dieser Markt ist riesig, schließlich übersteigt weltweit der Wert von Immobilienanlagen den addierten Wert aller Aktien und Anleihen.

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Stephan Kaufmann

Stephan Kaufmann ist Wirtschaftsjournalist, verfasste einige Bücher und schreibt heute unter anderem für nd.DieWoche, Frankfurter Rundschau, Freitag und Deutschlandfunk.

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