Caren Lay sitzt für die Linkspartei im Bundestag und ist Fraktionssprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik. Bekannt ist sie auch durch Instagram und TikTok: Mit Songs wie »Miethai hier im Block« macht sie dort auf die Schieflage im Wohnungsmarkt aufmerksam. Im Interview mit Caro Rübe erklärt sie die neuesten realpolitischen Vorstöße ihrer Partei in Sachen Mietenpolitik.
Die Linke hat das Thema Wohnen als zentrales Wahlkampfthema gesetzt. Jetzt bringt die Fraktion ein Gesetz zur besseren Bekämpfung von Wuchermieten ein – ist das für Sie die größte Priorität?
Dass sich die Menschen in diesem Land das Wohnen leisten können und ein sicheres Zuhause haben, ist zentral für uns. Die Mietpreisbremse genügt nicht, um Wohnungen bezahlbar zu halten – das zeigt die Entwicklung der Mietpreise der letzten Jahre. Als Linke fordern wir deshalb einen sofortigen Mietenstopp und einen Mietendeckel, der die Mietpreise dauerhaft bezahlbar hält. Dazu gehört auch, sogenannte »Wuchermieten« zu senken. Damit wollen wir beginnen, denn für die Senkung überhöhter Mieten muss nicht einmal ein neues Instrument gefunden werden. Es existiert schon im Wirtschaftsstrafrecht, lediglich die Anwendung muss erleichtert werden. Ein Vorteil dieses Instruments: Die kommunalen Behörden sind zuständig, nicht die einzelne Mieterin.
Was würde der Gesetzesvorschlag konkret für einzelne Mieterinnen und Mieter ändern, wenn sie versuchen, ihre Wuchermiete zu drücken?
Monatlich könnten die Mieterinnen und Mieter deutschlandweit viele Millionen Euro an zu hohen Mieten sparen. Schon jetzt können überhöhte Mieten von den Behörden ganz einfach zurückgefordert und gesenkt werden. Die Mietwucher.App, das Angebot der Linken, um seine Miete zu checken, wurde innerhalb weniger Monate über 120.000 Mal genutzt. In rund 85.000 Fällen war die Miete überhöht. Das zeigt: Die Zahl der Mietpreisüberhöhungen ist riesig. Doch aus Angst vor einer Auseinandersetzung mit den Vermietenden und davor, die Wohnung zu verlieren, schrecken viele vor einer Meldung der überhöhten Mieten zurück.
Wir machen bereits mithilfe unserer kommunalen Fraktionen Druck auf die Behörden, diesen Anzeigen nachzugehen. Es ist möglich, die zu viel gezahlte Miete zurückzuholen, das zeigt das starke Wohnungsamt in Frankfurt am Main. Aber es ist mit viel Erfahrung und Aufwand verbunden. Nach unserem Gesetzentwurf, der übrigens dem Gesetzentwurf des Bundesrates entspricht, müsste nicht mehr von jedem einzelnen Haushalt nachgewiesen werden, dass eine individuelle Situation bewusst ausgenutzt wurde. Es würde einfach gelten: Wo der Wohnungsmarkt objektiv angespannt ist, sind Mieten über 20 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete verboten. Dann könnten die Ämter viel einfacher die zu viel gezahlten Mieten zurückfordern und die weitere Miete senken. Wenn die Behörden in den bereits jetzt gemeldeten 4.500 Fällen von Mietwucher die Mieten auf das legale Maß senken würden, ergäbe das eine Ersparnis von insgesamt über einer Million Euro.
Von einer Erhöhung des Bußgelds von 50.000 auf 100.000 erhoffen Sie sich eine »generalpräventive Wirkung« Was soll das bedeuten?
Damit soll verhindert werden, dass überhaupt überhöhte Mieten verlangt werden. In Berlin und Potsdam haben sich die Angebotsmieten in einem Jahr um rund 30 Prozent erhöht. Diese Preistreiberei muss ein Ende haben. Ein Gesetz gegen Mietwucher, das leicht anwendbar ist und bei dem ein Verstoß 100.000 Euro kosten kann, schreckt davon ab, eine überhöhte Miete zu verlangen. 50.000 Euro sind für Wohnungskonzerne und große Anleger nicht abschreckend genug, so schätzt es auch der Bundesrat ein.
Welche wirtschaftlichen Effekte erhofft sich Die Linke von dem Gesetzentwurf?
Eine effektive Mietpreisbegrenzung erhöht die Chancen von Menschen mit normalem Einkommen, eine Wohnung zu finden oder umziehen zu können. Der Wohnungsmarkt wird stabilisiert, die Mietpreise gesenkt. Das erhöht die Kaufkraft der Mieterinnen und Mieter, die meist lohnabhängig sind und oft zu wenig Geld zum Leben haben. Private Wohnungseigentümer, die zu teuer vermieten, müssen Einkommenseinbußen hinnehmen. Die Umverteilung von Mietenden zu Eigentümerinnen und Eigentümern, die im letzten Jahrzehnt ein nie da gewesenes Ausmaß erreicht hat, wird zumindest etwas zurückgedreht. Auch der Anreiz, mit überteuerten Mieten zu spekulieren, entfällt. Es wäre ein kleiner Schritt in Richtung mehr sozialer Gerechtigkeit.
Was plant Schwarz-Rot bisher gegen die Wuchermieten?
Die Koalition des Blackrock-Kanzlers hat eine Kommission vereinbart, welche »eine Reform zur Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetz […] vorbereiten« soll. Diese Kommission soll bis Ende 2026 tagen. Das deutet auf einen Konflikt innerhalb der Koalition hin, und verzögert die nötige Reform. Der Reformbedarf liegt auf der Hand und seit langem liegt dazu ein mit Ländermehrheit im Bundesrat beschlossener Gesetzentwurf vor. Die Verlagerung dieser und weiterer Themen in die Kommission legt nahe, dass die notwendigen Korrekturen im Mieterschutz vertagt und lediglich gesellschaftlicher Druck befriedet werden soll. Die einfachere Anwendung und die Erhöhung der Bußgelder hätten unmittelbar von der Koalition vereinbart werden können. So aber werden die Themen von Black-Rot auf die lange Bank geschoben.
Was wären über das Verhindern von Wuchermieten hinaus die nächsten mietenpolitische Schwerpunkte für Ihre Partei?
Wir als Linke werden ein Konzept eines bundesweiten Mietendeckels vorlegen. Dieses werden wir mit Gewerkschaften, Verbänden und Initiativen noch vor dem Sommer auf einem Mietengipfel diskutieren.