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Das Wirtschaftsmagazin

Trump exportiert die Oligarchie

Die Ungleichheit könnte durch Trumps Politik weiter steigen. Daher braucht es Zölle auf Oligarchen – nicht auf Waren.

4 Minuten Lesedauer
Collage: Surplus, Material: IMAGO / Depositphotos

Eines muss man Donald Trump zugestehen: Bei aller Inkonsequenz in vielen Fragen glaubt er fest an hohe Zölle. Er predigt dieses Evangelium seit mindestens vier Jahrzehnten – in der Überzeugung, dass Zölle der Schlüssel zum künftigen Wohlstand der USA sind.

Kurz nachdem er in seiner zweiten Antrittsrede versprach, »Zölle und Steuern gegenüber dem Ausland zu erheben, um unsere Bürger wohlhabender zu machen«, erklärte Trump den »nationalen Notstand«, um eine Reihe von Durchführungsverordnungen in diesem Sinne zu rechtfertigen. Der Höhepunkt dieser Politik war am 2. April (dem »Tag der Befreiung«) erreicht, als er eine Basissteuer von 10 Prozent auf alle Einfuhren sowie höhere Abgaben für Dutzende von Ländern ankündigte, die Warenhandelsüberschüsse mit den USA erzielen. Im Falle Chinas, das mit entsprechenden Vergeltungsmaßnahmen reagierte, erhöhte Trump die US-Zölle auf schwindelerregende 145 Prozent.

Nach einem bedrohlichen Anstieg der Renditen von Staatsanleihen kündigte Trump eine 90-tägige Pause an. Während einige hochrangige Vertreter seiner Regierung diese Kehrtwende als Chance bezeichneten, die Verhandlungsbereitschaft anderer Länder zu testen, behauptete Trump selbst, dass die Zölle bei dauerhafter Einführung Einnahmen in Billionenhöhe generieren würden. »Es besteht die Möglichkeit, dass die Einnahmen aus den Zöllen so hoch sind, dass sie die Einkommensteuer ersetzen würden«, äußerte er gegenüber Fox News.

Trump wird offenbar von einer quixotischen Sicht der US-Wirtschaftsgeschichte angetrieben. Seiner Meinung nach waren die USA noch nie so wohlhabend wie unter Präsident William McKinley (1897–1901), als auf Importe hohe Zölle erhoben wurden und die US-Bundesregierung – vor Einführung der Einkommensteuer – nur einen Bruchteil ihrer heutigen Größe hatte. Doch 1913, so klagt er, sei »aus für die Menschheit unerfindlichen Gründen die Einkommensteuer eingeführt [worden], damit statt des Auslands die Bürger das Geld für den Regierungsbetrieb aufbringen.« Nach Trumps Ansicht trug diese Änderung zur wirtschaftlichen Instabilität bei und auch zur Großen Depression, die bei einer Fortsetzung von McKinleys Zollpolitik angeblich hätte vermieden werden können.

Der Staat soll ausgehöhlt werden

Hinter Trumps Wirtschaftspolitik steht also die tief verwurzelte Überzeugung, dass die Einführung der progressiven Einkommensbesteuerung ein Fehler war. Er spricht sich offen für die Abschaffung der einzigen Bundessteuer aus, die die Wohlhabenden jährlich zahlen sollen. Mit diesem radikalen Bestreben knüpft er an Milton Friedman an, der ebenfalls argumentierte, dass die Bundeseinkommensteuer – mit einem Grenzsteuersatz, der zwischen 1930 und 1980 in der Spitze bei durchschnittlich 78 Prozent lag – das Wachstum in den USA stark behindere.

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Gabriel Zucman

Gabriel Zucman ist Wirtschaftswissenschaftler und außerordentlicher Professor für Public Policy und Wirtschaftswissenschaften an der University of California, Berkeley.

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