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Das Wirtschaftsmagazin

Peacewashing: In »nachhaltigen« Fonds steckt Rüstung

Wer in einen ESG-Fonds investiert, erwartet nachhaltige Firmen. Doch sie enthalten zunehmend auch Rüstungsunternehmen.

4 Minuten Lesedauer
Hinter ESG-Fonds stecken immer häufiger Unternehmen, die Kriegsgerät herstellen. Credit: IMAGO/Steinsiek.ch

Atomwaffen, Raketen, Kampfflugzeuge – alles Teil nachhaltiger Geldanlagen. Die Finanzwelt ändert ihre Moral, immer mehr Anbieter von Finanzprodukten schließen Rüstung  in nachhaltig gelabelten ETFs und Fonds nicht mehr aus. Damit haben sie eine Debatte darüber entfacht, was »nachhaltig« bei ESG-Fonds, also jenen Produkten, die unter dem Label »Environment, Social, Governance« grünes Anlegen und Rendite vereinen wollen, wirklich heißt.

Schon länger investieren in Deutschland einige nachhaltig gelabelte Fonds in Rüstungsproduzenten – sofern Waffen unter 10 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen –, zum Beispiel Automobilfirmen, die lediglich einen geringen Umsatz mit Rüstung erwirtschaften. Reine Rüstungsfirmen waren allerdings in Deutschland bislang tabu in ESG-Fonds. Doch nun ändern sich die Spielregeln grundlegend. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben viele ESG-Fonds in Europa ihre Zurückhaltung abgelegt – und ihre Investments in die Rüstungsindustrie mehr als verdoppelt, wie die Financial Times berichtet. Inzwischen steckt rund ein Drittel der nachhaltig gelabelten Fonds in Europa Geld direkt in reine Waffenhersteller.

Ein Beispiel aus der Faire-Fonds-Datenbank von Facing Finance und urgewald: Der Amundi CAC 40 ESG UCITS ETF investiert in Airbus, Safran und Thales – allesamt Rüstungsriesen, die laut der Exitarms-Datenbank von Facing Finance regelmäßig Waffen in Kriegsgebiete und an Diktaturen liefern. Airbus zählt dabei zu den fünf Konzernen, die am meisten Waffen in Kriegsgebiete weltweit exportieren, während Safran und Thales Rüstung an autoritäre Regime wie Ägypten, Saudi-Arabien, Irak, Katar, Venezuela, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei liefern, die alle regelmäßig in völkerrechtswidrige Konflikte verwickelt sind. Auch der Fonds Debeka-Aktien-Global-ESG investiert laut Faire-Fonds in Airbus sowie in Eaton, GE Aerospace und Honeywell International, die Rüstung für die Kriegsmaschinerie Israels, Saudi-Arabiens, Nigerias, Ägyptens, der Vereinigten Arabischen Emirate und der Türkei herstellen.

Lobbydruck und politische Schützenhilfe

Bereits vor Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine drängte die Rüstungsindustrie darauf, als nachhaltiges Investment eingestuft zu werden. Der Verband der deutschen Rüstungsindustrie (BDSV) fuhr eine Kampagne mit dem Motto »Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit« und stellte sich damit als Hüter von Freiheit und Sicherheit gegen autoritäre Regime dar. Mit Erfolg:

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Frederike Potts

Frederike Potts ist Politikwissenschaftlerin und Geschäftsführerin der zivilgesellschaftlichen Organisation Facing Finance. Sie arbeitet zu sozialen und ökologischen Folgen von Finanzinvestitionen.

Luca Schiewe

Luca Schiewe ist Ökonom und koordiniert das zivilgesellschaftliche Verbraucherportal Fair Finance Guide. Dabei analysiert er, wie nachhaltig und transparent die Richtlinien von Banken sind.

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