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Generaldebatte: Schwarz-Rot verteidigt fehlende Entlastungen

Entlastungen für die Unter- und Mittelschicht bleiben im Haushaltsentwurf aus. Dafür musste sich die Bundesregierung im Bundestag rechtfertigen.

4 Minuten Lesedauer
Der Bundeskanzler musste sich in der Generaldebatte kritischen Fragen zum Haushalt stellen. Credit: IMAGO/Political-Moments

In einer Generaldebatte verteidigt Schwarz-Rot seinen Haushaltsentwurf im Bundestag. Entlastungen für die Unter- und Mittelschicht sind darin nur in sehr geringem Umfang vorgesehen, selbst die Senkung der Stromsteuer ist erst einmal vom Tisch. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) rechtfertigte diese Entscheidung. Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zufolge sagte er, dass die Regierung nun von »den möglichen 200 Euro pro Familie und Jahr, die möglich gewesen wären und wünschbar gewesen wären für die Entlastung bei den Energie- und Stromkosten [...], jetzt 150 Euro im Jahr möglich« gemacht werden würden.

Die Entlastungen in Höhe von insgesamt zehn Milliarden Euro sollen durch niedrigere Netzentgelte und die Gasspeicherumlage entstehen. Zu beachten ist, dass sich die 150 Euro auf Durchschnittswerte beziehen – wer mehr verbraucht, wird stärker, wer weniger verbraucht, weniger stark entlastet. In der an die Generaldebatte anschließende Befragung des Bundeskanzlers antwortete Merz auf die Nachfrage des AfD-Abgeordneten Leif-Erik Holm zu fehlenden Entlastungen für Verbraucher: »Das ist eine Entlastung, die ungefähr 75 Prozent der Entlastung verspricht, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, der übrigens in jeder Hinsicht unter Finanzierungsvorbehalt stand, in jeder Hinsicht.« Man habe jedoch beschlossen, dass man »die verbleibenden 25 Prozent der Entlastungen nachholen [werde], sobald uns das die öffentlichen Haushalte erlauben«. 

Gleichzeitig bekräftigte Merz, bald eine »umfassende« Reform des Bürgergeldes durchführen zu wollen. Dem Koalitionsvertrag nach dürften damit strengere Sanktionen eingeführt werden. Bei der Generaldebatte kündigte er an, »eine Grundsicherung zu machen für diejenigen, die unseren Sozialstaat wirklich brauchen«. Informationen der dpa zufolge will das Bundesfinanzministerium unter anderem auf diesem Wege im nächsten Jahr 1,5 Milliarden Euro, und später sogar 4,5 Milliarden Euro beim Bürgergeld einsparen. Das hält die Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA) für schwierig, wie die dpa vor wenigen Tagen berichtete. Sanktionen hätten 2024 zu nur 20 Millionen Euro geführt. Es ließe sich Nahles zufolge mehr Geld einsparen, wenn zum Beispiel 100.000 Menschen wieder in die Arbeit vermittelt würden – was angesichts des aktuell »versteinerten« Arbeitsmarkts unwahrscheinlich sei. Zudem seien selbst dann viele Menschen als »Aufstocker« aufgrund niedriger Löhne auf staatliche Leistungen angewiesen.

Streit um die Stromsteuer

In den Haushaltsberatungen der vorangegangenen Wochen war die Stromsteuer zu einem der Hauptthemen geworden. Denn in ihrer Absenkung, die im Koalitionsvertrag beschlossen wurde, hätte eine der sehr wenigen Entlastungen für eine breite Masse von Verbraucherinnen und Verbrauchern gelegen. Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Friedrich Merz begründeten die Entscheidung damit, dass das Geld im Kernhaushalt hierfür nicht ausgereicht habe. Vor den Haushaltsberatungen im Bundestag rief ein Bündnis aus unter anderem der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Verdi und Caritas die Bundesregierung dazu auf, einen stärkeren Sozialkurs zu verfolgen. In dem Aufruf, der der dpa vorliegt, heißt es: »Die ständigen Kürzungsdebatten bei so wichtigen Bereichen wie Inklusion, Bildung oder sozialem Wohnungsbau sind fatal.«

Auch aus der Union, zum Beispiel von Markus Söder (CSU) kam Kritik, vor allem aus den Bundesländern. Diese haben jetzt angekündigt, am Freitag im Bundesrat über eine Empfehlung an die Bundesregierung, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß abzusenken, abstimmen zu wollen. Das berichtete die dpa. In der Empfehlung heißt es, dass dies »Anreize für die Elektrifizierung« setzen würde, »welche zur Erreichung der Klimaziele in den Sektoren Wärme und Verkehr notwendig sind und den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch als Kompensation für die steigende CO₂-Bepreisung in Aussicht gestellt wurden.« Der dpa zufolge kommentierte Michael Kellner, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion: »Die Bundesregierung bricht ein zentrales Versprechen zur Stromsteuersenkung. Jetzt könnte der Bundesrat ihr Hausaufgaben über die Sommerferien aufgeben.«

Kritik aus der Opposition

Bei der Generaldebatte kritisierte die Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek laut dpa, Schwarz-Rot habe einen »Haushalt der Hoffnungslosigkeit« geliefert. Sie prangerte an, das Geld fehle nicht, sondern sei »nur falsch verteilt«. Damit reiße die Bundesregierung die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander, sagte Reichinnek der dpa zufolge. Die Parteivorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner, sagte, die Regierung diene nicht der Gesellschaft, sondern »Immobilienkartellen und den Vorständen von Blackrock«.

Die Co-Fraktionschefin der Grünen, Katharina Dröge, verwies laut dpa auf die wahrscheinlich bis zu zehn Milliarden Euro Schaden durch Jens Spahns Maskenaffäre, sowie auf durch Sondervermögen finanzierte Wahlgeschenke. Allgemein sei es demnach ein Problem, dass es sich bei den Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz nicht ausreichend um zusätzliche Investitionen handele.

Matthias Miersch, SPD-Fraktionschef, antwortete auf Dröges Vorwurf, dass die geplanten Investitionen auch Investitionen in den Klimaschutz seien – aber auch, dass dennoch gespart werden müsse. Denn im eigentlichen Haushalt gebe es weiter »ein Riesenproblem«, sagte Miersch laut dpa.


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