Der Rentenbeitragssatz steigt 2027 voraussichtlich etwas stärker als gedacht: von heute 18,6 auf 18,8 Prozent des Bruttolohns. Dies geht aus dem Entwurf für das Rentengesetz hervor, den das Bundeskabinett gebilligt hat. Nach geltendem Recht wäre übernächstes Jahr ein Anstieg auf 18,7 Prozent zu erwarten gewesen. 2026 bleibt der Satz voraussichtlich stabil.
Hauptzweck des Gesetzes ist es, das Rentenniveau bis 2031 stabil bei 48 Prozent zu halten und die Mütterrenten für vor 1992 geborene Kinder ab 2027 zu verbessern. Die Kosten dafür sollen dem Entwurf zufolge mit Milliardenzahlungen aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen werden – sie sollen also nicht die Beitragssätze in die Höhe treiben.
»Gerade in unsicheren Zeiten sendet das Rentenpaket 2025 eine klare Botschaft an alle Generationen: Die Rente bleibt stabil und gerecht«, erklärte Sozialministerin Bas nach dem Kabinettsbeschluss. Die Änderungen waren im Koalitionsvertrag angekündigt worden. Weitergehende Reformen der Alterssicherung sind hingegen offen – eine Rentenkommission soll ab 2026 Vorschläge machen. Denn Union und SPD sind uneins.
Rücklage der Rentenkasse soll steigen
Enthalten ist im Gesetz aber eine weitere Klausel: Die Rücklage der Rentenkasse von 20 Prozent einer Monatsausgabe soll auf 30 Prozent angehoben werden, um mehr Puffer zu haben. »Durch die Anhebung der Mindestrücklage kann in einem Jahr einmalig ein höherer Beitragssatz erforderlich werden«, heißt es in der Kabinettsvorlage zu dem Rentengesetz aus dem Haus von Sozialministerin Bärbel Bas (SPD). Der Bund soll hingegen nicht für das Auffüllen der Rücklage zahlen: »Die daraus resultierenden unmittelbaren Auswirkungen auf die Leistungen des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung werden ausgeschlossen.«
Dass der Beitragssatz ab 2027 überhaupt steigt, war von Experten erwartet worden – das hängt mit den steigenden Ausgaben der Rentenversicherung zusammen und mit der Tatsache, dass mehr Ältere in Rente gehen und nach und nach weniger Jüngere einzahlen. Dem Gesetzentwurf zufolge steigen die Rentenausgaben einschließlich der Krankenversicherung für Rentner von 394,4 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 476,3 Milliarden Euro im Jahr 2029.
Bund zahlt Milliarden an die Rentenkasse
Konkret bedeutet das, dass die Renten weiter der Lohnentwicklung folgen und entsprechend steigen. Ohne das neue Gesetz wäre das anders: Das Rentenniveau würde im Vergleich zu den Löhnen sinken – bis 2031 um rund einen Prozentpunkt. Das Rentenniveau ist nur eine Rechengröße. Sie setzt Renten nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsverdienst ins Verhältnis zum aktuellen Durchschnittslohn. Das sagt nichts über die eigene Rente, ist aber ein Orientierungswert.
Die Union will grundlegende Reformen
Vor der Sitzung stellte der Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg die Bevölkerung auf einschneidende Reformen im Rentensystem ein. »Wir müssen schmerzhafte Reformen angehen. Aber Regierungen in der Vergangenheit haben durchaus gezeigt, dass das möglich ist«, sagte der CDU-Haushaltspolitiker in einer Sendung von RTL/ntv. Er verwies auf die erste Regierung von Angela Merkel (CDU) und den damaligen Arbeits- und Sozialminister Franz Müntefering (SPD): »Damals haben wir einschneidende Veränderungen in der Rente herbeigeführt. Auch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit gehörte damals zum Beispiel dazu.«
Middelberg verwies darauf, dass jeder vierte Euro aus dem Bundeshaushalt schon jetzt in die Rentenkasse als Zuschuss fließt. »Die Rentenkasse ist schon lange nicht mehr in der Lage, sich selbst zu finanzieren«, stellte der CDU-Politiker fest. Man könne nicht alle Zukunftslasten mit immer mehr Rentenberechtigten bei den Jüngeren abladen. »Deswegen müssen wir uns die Frage stellen: Was ändern wir? Und zwar durchaus auch grundlegend in der Rente.«
Debatte um höheres Rentenalter
Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) hingegen kritisierte Forderungen nach einem höheren Rentenalter – und ging damit auf Distanz zu Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Eine generelle Rente mit 70 wäre für viele Menschen eine Rentenkürzung, die nicht so lange arbeiten könnten, sagte die SPD-Politikerin im ZDF-Morgenmagazin. Die Koalition erleichtere es jenen, die im Alter weiter bei ihrem Arbeitgeber tätig sein wollten. »Es ist ja nicht verboten, länger zu arbeiten«, sagte die Sozialministerin.
Auch die Linken-Co-Vorsitzende Ines Schwerdtner hält eine moderate Erhöhung des Renteneintrittsalters unter bestimmten Bedingungen für diskutabel. Im ZDF-Morgenmagazin sagte sie auf den Hinweis, Experten würden dies gekoppelt an die steigende Lebenserwartung befürworten: »Wenn es um eine moderate Erhöhung geht, dann können wir darüber sprechen.« Schwerdtner wandte sich aber gegen den Mythos, die Menschen würden zu wenig arbeiten in Deutschland. Das stimme schlicht nicht. Deutschland brauche keine Rente mit 70. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte sich mehrfach dafür ausgesprochen, die Lebensarbeitszeit zu verlängern. Schwerdtner riet der Ministerin: »Katherina Reiche sollte sich wirklich um die Wirtschaftsbosse kümmern und nicht um die Rentnerinnen und Rentner.«
Bas will Beamte und Selbstständige einzahlen lassen
Bas betonte, auch die SPD habe Ideen für eine langfristige Sicherung des Rentensystems. »Wir haben gesagt, wir wollen zum Beispiel die Rente zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterentwickeln. Denn unser Problem ist doch, dass nicht alle in dieses System einzahlen.« Sie nannte Versorgungswerke für attraktive Berufe, die sich derzeit nicht an der gesetzlichen Rentenversicherung beteiligten. »Selbstständige, Beamte – übrigens Selbstständige landen oft in der Altersarmut – und das heißt, wir brauchen auch eine Idee dazu, wer soll eigentlich in Zukunft einzahlen und in welcher Höhe«, sagte Bas.
Den Vorschlag lehnt der CDU-Haushaltspolitiker Middelberg nicht rundweg ab. »Ich finde alles diskutabel und würde jetzt von vornherein nicht gleich sagen: Das geht schon mal gar nicht und das geht auch nicht. Der Vorschlag von Frau Bas ist mindestens einer, den man diskutieren kann. Ob er wirklich zur Lösung beiträgt, ist eine andere Frage.«
Kommentar der Redaktion
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