Eines der ersten großen Reformvorhaben aus dem Koalitionsvertrag ist auf den Weg gebracht: Das Kabinett hat sich auf massive Steuererleichterungen für Unternehmen geeinigt. Bereits ab dem 1. Juli sollen großzügige Abschreibungen für die Anschaffung von neuen Maschinen eingeführt werden. Ab 2028 soll dann die Körperschaftsteuer schrittweise um fünf Prozentpunkte gesenkt werden. Außerdem ist eine Superabschreibung für elektrische Firmenwagen und eine Erhöhung der Forschungsförderung geplant.
Die Bundesregierung beziffert die staatlichen Mindereinnahmen auf über 45 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre. Dabei sind die Auswirkungen der Steuersenkung größtenteils noch nicht enthalten, da sie sich erst ab 2032 vollständig auswirken werden.
Steuermindereinnahmen bis zum Jahr 2029 (ohne volle Wirkung der Steuersatzsenkung bis 2032)
Was als »Wirtschaftsbooster« verkauft wird, ist in Wirklichkeit Finanzpolitik aus der Mottenkiste. Statt gezielter staatlicher Zukunftsinvestitionen und strukturellen Verbesserungen für private Investitionen werden vor allem große und profitable (Industrie)Unternehmen subventioniert – teils mit der Gießkanne. Das ist wirkungsschwach für die Konjunktur, zu teuer für den Staat und ungerecht in der Verteilung.
Warum aber konnten sich die lautstarken Forderungen der Lobbyverbände durchsetzen? Weil sie ein einfaches Narrativ bedienen: dass niedrigere Steuern für Unternehmen automatisch Wachstum schaffen, Investitionen ankurbeln und sich am Ende sogar selbst finanzieren. Doch was ist wirklich dran an diesen Argumenten?
Mythos 1: Steuersenkungen sorgen für Investitionen
Zur Sicherung des Wohlstands muss Deutschland mehr investieren und die wirtschaftliche Stagnation überwinden – darin sind sich nahezu alle Analysen einig. Zwar investieren viele Unternehmen zu wenig, doch liegt das nicht an zu hohen Unternehmenssteuern. Schon 2000 und 2008 wurden die Steuern auf einbehaltene Gewinne halbiert. Nach einer langen Wachstumsphase haben viele große Unternehmen hohe Rücklagen gebildet. Statt in Deutschland zu investieren, ist ein großer Teil davon ins Ausland und in den Finanzmarkt geflossen. In Befragungen begründen Unternehmen die fehlenden Investitionen mit Bürokratie, Arbeitskräftemangel, Mängeln an der Infrastruktur und fehlender Nachfrage. Steuern folgen regelmäßig erst auf den hinteren Rängen.
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