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Das Wirtschaftsmagazin

Studie: Das Bürgergeld erschwert die Rückkehr in den Arbeitsmarkt

Schwarz-Rot will das Bürgergeld weiter verschärfen. Doch schon jetzt geraten die Betroffenen oft in existenzielle Not, wie eine neue Studie zeigt.

3 Minuten Lesedauer
Thomas Wasilewski (l-r), Bürgergeldbezieher und Ehrenamtlicher bei der Tafel, Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei und Marcel Fratzscher, Präsident des DIW Berlin stellen die Studie vor. Credit: IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Die Ampel wollte mit dem Bürgergeld ein modernes, verständliches und bürgerfreundliches System schaffen, das die Betroffenen weniger stigmatisiert als Hartz-IV. Doch die Situation von Bürgergeldempfängerinnen ist heute nicht viel besser als vor zwei Jahren. Der Regelsatz reicht angesichts der Inflation der letzten Jahre kaum zum Leben – und Schwarz-Rot will das Bürgergeld noch weiter verschärfen. 

Wie Betroffene im Bürgergeld ihre Situation wahrnehmen, hat nun eine Studie des Vereins Sanktionsfrei untersucht. Befragt wurden 1014 Bürgergeldempfängerinnen zwischen 18 und 67 Jahren. Die Aussagen der Betroffenen zeigen deutlich, wie verzerrt der öffentliche Diskurs über angeblich »faule Arbeitslose« ist. Die drei wichtigsten Erkenntnisse der Studie verdeutlichen, worin die wirklichen Probleme von Betroffenen liegen – und wo politische Reformen sinnvoll wären. 

1. Die Menschen wollen aus dem Bürgergeld heraus 

Entgegen gängiger Mythen will eine große Mehrheit der Befragten vom Bürgergeld unabhängig werden, nämlich 74 Prozent. Doch nur 26 Prozent glauben, dass sie auch eine geeignete Stelle finden werden. Besonders wichtig: Eine Mehrheit der Befragten gibt an, dass körperliche Einschränkungen (59 Prozent) oder psychische Erkrankungen (57 Prozent) für sie einen Nachteil bei der Arbeitssuche darstellen. Tatsächlich rutschen sehr viele Menschen ins Bürgergeld, weil sie gesundheitliche oder psychische Probleme haben. Die derzeit geplanten Verschärfungen gehen von einem negativen Menschenbild aus, bei dem die Einzelnen durch härtere Sanktionen zur Arbeit gebracht werden sollen. In der Realität verschlechtert sich womöglich die Arbeitsfähigkeit von Betroffenen. Der Studie zufolge spielen strukturelle Hürden wie Qualifizierungs-Mismatches oder eine mangelnde regionale Daseinsvorsorge eine Rolle. Ein Betroffener gibt etwa an, eine Stelle, bei der die Arbeitszeit um 5:30 Uhr beginnt, nicht annehmen zu können, weil in seiner Region zu dieser Zeit kein Bus fährt. Aus den Aussagen der Studie geht auch hervor, dass viele Betroffene sich um Angehörige kümmern müssen – und deshalb Schwierigkeiten bei der Jobsuche haben.  

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Matthias Ubl

Matthias Ubl ist Chef vom Dienst bei Surplus. Als Journalist arbeitete er unter anderem für »Die Zeit« und die »FAZ«. Er ist Host des Podcast »Jacobin Talks«.

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