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Das Wirtschaftsmagazin

Keine Jobs für junge Menschen: KI oder Konjunktur?

Für Berufseinsteiger gibt es immer weniger Jobs. Hat die KI sie bereits ersetzt oder ist die Konjunktur schuld?

4 Minuten Lesedauer

Vor allem junge Menschen sind derzeit immer stärker von Arbeitslosigkeit bedroht. Credit: IMAGO/Bihlmayerfotografie

Der Arbeitsmarkt für Studienabsolventen ist so angespannt wie seit Langem nicht. Überall hört man von jungen, gut ausgebildeten Menschen, die keine Arbeit bekommen. Neben der emotionalen Belastung hat ein verzögerter Berufseinstieg messbare Nachteile für Karriere und Lebenseinkommen. Diese für junge Menschen schwierige Situation wird nun auch durch immer mehr Daten erhärtet. Einer Auswertung der FAZ und Index Research von Millionen Stellenanzeigen zufolge sind die Ausschreibungen für Berufseinsteiger in den letzten zwei Jahren um 34 Prozent gesunken, während der gesamte Arbeitsmarkt um 18 Prozent schrumpfte. Auch das Jobportal Stepstone registrierte 45 Prozent weniger Einstiegsjobs im ersten Quartal 2025 als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Woran liegt das?

Jobkiller Künstliche Intelligenz?

Eine Erklärung ist vor allem in den Medien schnell gefunden: Künstliche Intelligenz (KI). In den USA und Großbritannien, wo die Integration von KI in Betriebsabläufe weiter vorangeschritten ist, wurde bereits die »Jobpokalypse« ausgerufen. Gerade die oft einfachen und repetitiven Tätigkeiten von Einsteigern ließen sich weitgehend automatisieren und würden zum Wegfall dieser Stellen führen. Eine Studie von Forschern der Universität Harvard auf der Grundlage von Millionen Stellenanzeigen über 10 Jahre in den USA konstatiert bei der Einführung von KI einen »technologischen Wandel zugunsten der Seniorität im Betrieb.« Das führe dazu, dass die »unteren Stufen der internen Karriereleiter schmaler werden.«

Dieser KI-Diskurs lässt sich nun auch in Deutschland beobachten, mit Schlagzeilen wie »Das Ende von Juniorstellen?« (Handelsblatt), »Wo KI übernimmt, verschwinden die Einstiegsjobs« (FAZ) oder »KI verändert Jobmarkt drastisch: Berufseinsteiger besonders betroffen« (NDR). Doch gleichzeitig steckt Deutschland in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Bestehen der Bundesrepublik, mit einer nunmehr sechs Jahre lang andauernden Stagnation und Rezession. Ist die »Jobpokalypse« nun auf KI oder Krise zurückzuführen? Und welche Konsequenzen hat eine Fehldiagnose?

KI oder Konjunktur? Durchschnittliche Beschäftigung nach Seniorität ausgewählter US-Unternehmen, in prozentualer Veränderung seit Januar 2015. Die gestrichelte Linie ist der Start von Chat-GPT. Quelle: Lichtinger und Hosseini Maasoum (2025)

Alternative Erklärungen

Antworten liefert Enzo Weber, Arbeitsmarktexperte beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit. »Zeit, runterzuschwappen«, forderte er in einem öffentlichen Beitrag auf LinkedIn. Zwar sei die Quote Arbeitsloser unter dreißig etwas stärker gestiegen als der Rest, aber das sei in Abschwüngen nichts Ungewöhnliches. Und: Von diesem Anstieg der Arbeitslosigkeit entfielen nur 17 Prozent auf Akademiker – deutlich weniger als ihr Anteil in dieser Altersgruppe. Sein Fazit: »Das aufkommende Bild der arbeitslosen ›young professionals‹ scheint schief zu sein.« Berufseinsteiger sollten sich also mehr um eine expansive Wirtschaftspolitik und weniger um eine angeblich unmittelbar bevorstehende Redundanz ihres Berufs sorgen.

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Max Hauser

Max Hauser ist Politökonom und hat in Berlin, Rom und Paris studiert. Aktuell arbeitet er in der Entwicklungsberatung sowie als Redakteur bei Surplus.

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Freizeit ist kein Luxus. Wer sie angreift, gefährdet Wohlstand und Freiheit.

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