Bei seinem EU-Antrittsbesuch überrascht der neue Bundeskanzler Friedrich Merz mit einer Forderung zum Lieferkettengesetz. Bekannt war bereits der Plan der neuen Bundesregierung aus Union und SPD, das deutsche Lieferkettengesetz abschaffen –, das entsprechende EU-Gesetz jedoch umsetzen zu wollen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte der CDU-Politiker am Freitag jedoch, er erwarte, dass auch die EU »diesen Schritt nachvollzieht und diese Richtlinie wirklich aufhebt«, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete. Demnach begründete er dies mit dem Bürokratieabbau.
Kritik kam laut dpa vom stellvertretenden Parteivorsitzenden und Europa-Sprecher der Grünen, Sven Giegold. Dieser sagte der Mitteilung zufolge, dass Merz’ Forderung in einem Widerspruch zum Koalitionsvertrag stehe und »sein Kommandoton gegenüber Ursula von der Leyen [...] verstörend« sei. Tatsächlich heißt es im Koalitionsvertrag auf Seite 60, dass das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) abgeschafft, aber »durch ein Gesetz [...], das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt«, ersetzt werden soll.
Der Start des europäischen Lieferkettengesetzes ist erst kürzlich verschoben worden. Im Februar stimmte das EU-Parlament dafür, dass es erst ab 2028 statt ab 2027 gelten soll. Zudem sollen bis dahin einzelne Vorschriften neu beraten werden, unter anderem die Nachhaltigkeitsberichtserstattung. Die Verschiebung kommentierte Daniel Caspary (CDU) aus der konservativen EVP-Fraktion damit, dass angesichts der wirtschaftlichen Lage und auch der neuen Zölle Trumps »unverzüglich massive Entlastungen für die europäischen Unternehmen« notwendig seien.
Umwelt- und Sozialverbände kritisierten den Aufschub und befürchteten eine drohende Verwässerung. In einem Appell der Initiative Lieferkettengesetz, an dem sich unter anderem Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Katarina Barley (SPD) beteiligte, betonten die Unterzeichnenden, dass das Gesetz dazu diene, »Menschenrechte und Umweltstandards zu respektieren«. Surplus-Herausgeberin Isabella Weber kommentierte, dass eine »chaotische Deregulierung à la Trump [...] schädlich für die Wirtschaft« sei und dass stattdessen »klare und verlässliche Rahmenbedingungen und Investitionen in die Zukunft« nötig wären.
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