Die EU-Kommission will den Etat für die Jahre 2028 bis 2034 auf rund zwei Billionen Euro aufstocken. Das sind etwa 700 Milliarden Euro mehr als derzeit für die laufende siebenjährige Budgetperiode veranschlagt sind, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Mit dem Geld will die Kommission etwa zusätzliche Investitionen in Sicherheit und Verteidigung ermöglichen.
Aus den Mitgliedstaaten und vor allem aus Deutschland hagelt es Kritik: Die Bundesregierung werde den Vorschlag der Kommission nicht akzeptieren können, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius laut dpa-Bericht mit. Auch eine von der Kommission vorgeschlagene zusätzliche Unternehmenssteuer finde in Berlin keine Unterstützung. Zur Begründung hieß es demnach, dass ein umfassender Aufwuchs des EU-Etats nicht vermittelbar sei in Zeiten, in denen die Mitgliedsländer damit zu kämpfen haben, ihre Haushalte zu stabilisieren. Finanzminister Lars Klingbeil hält den Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der dpa zufolge für nicht zustimmungsfähig. »Wir müssen bei den Finanzen absolut im Verhältnis bleiben. Das sehe ich als nicht gewahrt an«, sagte der SPD-Politiker demnach am Rande eines Treffens der G20-Finanzminister im südafrikanischen Durban. Und auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte der dpa zufolge, er könne »das für Deutschland ausschließen, dass wir einen solchen Weg mitgehen. Das tun wir nicht.«
Neue Einnahmequellen: Kritik von Lobbyverbänden und der Bundesregierung
Ale neue Einnahmequelle für den EU-Haushalt schlägt die Kommission eine Abgabe für große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen Euro vor, wie die dpa berichtet. So sollen die Firmen auf Basis ihres jährlichen Nettoumsatzes gestaffelt Beiträge zahlen: 100.000 Euro bei einem Umsatz von 100 Millionen Euro bis 249 Millionen Euro, 250.000 Euro bei einem Umsatz bis 499 Millionen Euro, 500.000 Euro bei einem Umsatz bis 749 Millionen Euro und 750.000 Euro bei einem Umsatz ab 750 Millionen Euro.
Der Agrar-Etat soll aufgelöst werden und in einen Sammelfonds übergehen.
Als direkte Unterstützung für die Landwirtschaft soll es statt 390 nur noch 300 Milliarden Euro geben.
Neue Einnahmequellen wie eine Unternehmensabgabe oder eine höhere Tabaksteuer sollen für etwa 60 Milliarden Euro zusätzliche Mittel sorgen.
Quelle: dpa, ZDF
Klingbeil kritisierte auch diesen Vorschlag. Er sagte der dpa zufolge, die Bundesregierung wolle Deutschlands Wirtschaft stärken, Arbeitsplätze sichern und Investitionen ins Land holen. »Und da ist diese Unternehmensbesteuerung, die jetzt von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wird, in dieser Form das falsche Signal«, sagte Klingbeil. Bereits vor der Vorlage des Kommissionsvorschlags kam Kritik von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Dort hieß es Informationen der dpa zufolge, eine solche Unternehmensbesteuerung sei »das völlig falsche Signal. Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov sagte demnach, dass es Rückenwind für Unternehmen und nicht zusätzliche Abgaben bräuchte. Auch vom Auto-Branchenverband VDA hieß es schon im Vorhinein, die Unternehmen in Deutschland und Europa befänden sich in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Lage. »Jegliche Steuererhöhung oder die Einführung zusätzlicher Abgaben verbieten sich daher – sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene«, sagte Präsidentin Hildegard Müller der dpa zufolge.
Zudem solle es eine Abgabe auf nicht für das Recycling gesammelten Elektroschrott geben und auch, dass 15 Prozent der Einnahmen aus Tabaksteuern aus den Ländern nach Brüssel fließen. Diese und weitere neue Quellen sollen laut Kommission jährlich 58,5 Milliarden Euro einbringen. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) befürwortete diese Maßnahme. »Deutliche Tabaksteuererhöhungen sind die wirksamste Maßnahme, um rauchende Menschen zum Nichtrauchen zu motivieren und nichtrauchende Menschen – vor allem Jugendliche – vor dem Einstieg ins Rauchen abzuhalten«, sagt Katrin Schaller vom DKFZ.
Lars Klingbeil hingegen lehnte auch diesen Vorschlag ab. Jan Mücke vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartigen Erzeugnisse (BVTE) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, die vorgeschlagene Erhöhung der Tabaksteuer sei »völlig unverhältnismäßig«.
Kritik von Umweltverbänden
Beim Klima- und Umweltschutz will die EU-Kommission umstrukturieren: Der Fonds des LIFE-Förderprogramms soll in einen neuen »Europäischen Wettbewerbsfonds« übergehen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nennt den Kommissionsvorschlag eine »Nullnummer für den Naturschutz«, wie die dpa berichtete. Es fehlten klare Zusagen zur Finanzierung, etwa für die Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes zur Wiederherstellung der Natur, kritisiert Vorsitzender Olaf Bandt. Ohne diese drohe das Vorhaben zu scheitern. Die geplanten Kürzungen bei Klima- und Naturschutz ließen Europa schlecht auf die wachsenden Krisen von Klima und Artenvielfalt vorbereitet sein – »und das in einem weiteren Sommer mit Hitzewellen, Waldbränden und Überschwemmungen«, mahnt die Umweltorganisation WWF.
Gemischte Signale aus Berlin
Bei der Bundespressekonferenz ging Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auf die allgemeine Entwicklung der EU und ihres Haushalts ein. Um die EU zu stärken, schließe er eigene Steuern oder Abgaben auf EU-Ebene nicht aus, wie die dpa von der Pressekonferenz berichtete. »Die EU braucht langfristig mehr Eigenmittel aus eigenen Quellen« und »das können Steuern oder Abgaben sein«, sagte er demzufolge in Berlin. Allerdings sei die EU »zu regelungsintensiv, um nicht zu sagen zu bürokratisch, und reagiert oft zu langsam auf Entwicklungen«.
Unterdessen herrscht Uneinigkeit über eine globale Mindeststeuer für Unternehmen. Nachdem Merz sich am Dienstag noch dafür eingesetzt hatte, die Mindeststeuer in Europa vorübergehend auszusetzen, bekräftigte Lars Klingbeil am Mittwoch, an der Steuer festhalten zu wollen. Er und Merz seien sich auch ohne Beteiligung der USA darin einig, »dass wir alles auch dafür tun, dass dieses Vorhaben weiter verfolgt wird« sagte der SPD-Politiker der dpa zufolge. Bei der Bundespressekonferenz am Freitag sagte Merz nun, dass das »Konzept im Kern richtig« sei, aber nur funktioniere, »wenn die großen Industrienationen mitziehen«, wie die dpa berichtet. »Tun das einige nicht, wird die Umsetzung schwierig«, so Merz. Darin, dass Klingbeil auch ohne Beteiligung der USA an der Mindeststeuer festhalten wolle, sehe Merz demnach keinen Dissens: »Dieser Wunsch jedenfalls verbindet uns.« Im Koalitionsvertrag von SPD und Union hieß es, dass man an der globalen Mindeststeuer festhalte.
Die globale Mindeststeuer ist von 140 Staaten beschlossen worden und sieht vor, dass alle international agierenden Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Die Regelung ist unabhängig davon, wo die Gewinne entstehen. Nach seinem Amtsantritt hatte US-Präsident Donald Trump die globale Mindeststeuer für große Unternehmen in den USA für unwirksam erklärt. Nun suchen die teilnehmenden Staaten nach einer neuen Lösung.
Quelle: dpa
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