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Das Wirtschaftsmagazin

Wirtschaftsministerin Reiche baut einen neoliberalen Beirat

Katherina Reiche, Ex-CEO und Wirtschaftsministerin, lässt sich von marktliberalen Ökonomen beraten – Interessenkonflikte inklusive.

7 Minuten Lesedauer
Justus Haucap, Katherina Reiche, Volker Wieland, Veronika Grimm (l-r). Collage: Surplus, IMAGO/Bernd Friedel/Political-Moments/Future Image/Political-Moments

Die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche steht vor großen Aufgaben: eine schwächelnde Wirtschaft, hohe Energiepreise, die Umsetzung des Infrastruktur-Sondervermögens. Schnell kündigte sie nach ihrem Amtsantritt einen »Investitionsbooster« für Unternehmen in Form von Steuersenkungen an und äußerte sich seitdem am häufigsten zum Thema Energie. Hoch auf der Prioritätenliste der 51-Jährigen steht der Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland zum Überbrücken von sogenannten Dunkelflauten bei den erneuerbaren Energien – wenn weder Wind weht, noch die Sonne scheint. Dafür sollen laut Koalitionsvertrag 20 Gigawatt an Leistung durch Gaskraftwerke hinzukommen. Tobias Goldschmidt, Energieminister von Schleswig-Holstein (Grüne), warnte im Handelsblatt vor einem »Durchmarsch der Gaslobby« und der Linken-Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin bezeichnete sie der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zufolge als »frühere Energielobbyistin«.

Zur Erinnerung: Katherina Reiche ist bereits in der Vergangenheit zwischen Politik und Privatwirtschaft gewechselt. 2015 stieß ihre direkt ans vorige Bundestagsmandat anschließende Tätigkeit als Hauptgeschäftsführerin des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) eine Debatte um Karenzzeiten für Abgeordnete an. Ins Bundeswirtschaftsministerium kam sie nun direkt aus ihrem Amt als Chefin der innogy-Tochter Westenergie. Zudem wurde wenige Tage vor ihrer Ernennung als Ministerin bekannt, dass sie Aufsichtsratsmitglied eines schwedischen Energieunternehmens werden würde. Diese Position hat Reiche nach ARD-Informationen mittlerweile niedergelegt und ihre Beteiligungen an dem Unternehmen nach Druck durch die Organisation LobbyControl und die Opposition im Bundestag freiwillig offengelegt sowie deren Veräußerung angekündigt.

Jetzt hat die neue Ministerin ein Team um sich versammelt. Handelsblatt-Informationen zufolge sollen künftig Veronika Grimm, Justus Haucap und Volker Wieland in einem ehrenamtlichen Nebenamt das Ministerium beraten; eine offizielle Bestätigung der Bundesregierung steht noch aus. Das wäre ein Beraterkreis, der auffallend viele Interessenkonflikte mit sich bringen könnte und eine ordoliberale Lehre vertritt. Wer sind die potenziellen Beraterinnen und Berater der Wirtschaftsministerin und wie haben sie sich in der Vergangenheit zu wirtschaftspolitischen Themen verhalten?

Veronika Grimm, Wirtschaftsweise

Bei Veronika Grimm dürfte es sich um die kontroverseste Personalie handeln. Die 53-jährige Wirtschaftsprofessorin an der Technischen Universität Nürnberg sitzt als sogenannte Wirtschaftsweise im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR). Diesen Sitz in einem unabhängigen Gremium will sie beibehalten – schon das bietet Potenzial für einen Interessenkonflikt mit ihrem neuen Amt. Obendrauf sitzt sie seit 2024 im Aufsichtsrat von Siemens Energy. Das hat schon bei den Wirtschaftsweisen für eine Compliance-Debatte gesorgt, die nun mit dem Amt als offizielle Regierungsberaterin auf die nächste Ebene gehoben werden könnte.

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Xenia Miller

Xenia Miller ist Redakteurin bei Surplus. Sie hat vorher bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gearbeitet und Politikwissenschaften, Soziologie und Politische Theorie studiert.

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