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Steuerpolitik: Entlastung für Unternehmen, aber nicht für die Mehrheit

Die Stromsteuersenkung für Verbraucher bleibt aus, doch die Körperschaftsteuer wird gesenkt. Das wird das Wachstum nicht fördern.

4 Minuten Lesedauer
Die einzige geplante Entlastung für die breite Mehrheit – bei der Stromsteuer – fällt wohl flach. Credit: IMAGO/Rene Traut

Neben der militärischen Aufrüstung hat sich die Bundesregierung vor allem ein Ziel auf die Fahne geschrieben: die Vermehrung der deutschen Wirtschaftsleistung. Dabei ist an den Steuerplänen der rot-schwarzen Koalition gut erkennbar, wen sie zur förderungswürdigen »Wirtschaft« zählt: die breite Bevölkerung eher nicht, stattdessen aber die Unternehmen, vor allem die großen unter ihnen. Ihre Gewinne, so die Prämisse, kommen letztlich uns allen zugute – eine verwegene Idee.

Zunächst zur Bevölkerungsmehrheit, deren Entlastung weitgehend ausfällt. Hohe Energiepreise und die Kosten des Klimaschutzes belasten viele private Haushalte; soziale Ungleichheiten werden damit verstärkt, da ärmere Haushalte prozentual mehr für Strom und Gas ausgeben als reichere. Daher hatte die Bundesregierung dereinst ein ausgleichendes Klimageld in Aussicht gestellt, das einkommensschwache Haushalte unterstützt – doch das Klimageld kommt nicht. 

Zugesagt hatten CDU und SPD auch eine Entlastung bei den Stromsteuern. Die kommt laut Haushaltsentwurf zwar – aber nicht für Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern nur für die Industrie sowie für Land- und Forstwirtschaft. Für mehr, so die Koalition, fehle das Geld. 

Angesichts der massiven Kritik stellen einige Unionspolitiker mittlerweile zwar eine breitere Entlastung der privaten Haushalte oder des Mittelstands in Aussicht – allerdings sehr verhalten: »Wenn« es dafür »geeignete Möglichkeiten« gebe und es »in der Koalition insgesamt konsensfähig« sei, dann »ist das ein Weg, über den man sprechen kann«, so Kanzleramtschef Thorsten Frei im Bericht aus Berlin. Allerdings müsse man »schauen, wo kommt das Geld letztlich her«. Kurz: Man rechnet vielleicht nochmal nach, aber nur unter Umständen.

An anderer Stelle zeigt die Koalition hingegen ihr Herz für den Teil der Bevölkerung, dem die Unternehmen gehören und der an ihren Gewinnen verdient. Schon ab 1. Juli schenkt sie ihnen großzügige Abschreibungsmöglichkeiten für die Anschaffung neuer Maschinerie, was ihre Steuerlast mittelfristig senkt. Dazu kommt eine »Superabschreibung« für E-Autos, allerdings nicht für die privaten Haushalte, sondern nur für Betriebe, damit sie den Automobilstandort Deutschland stärken. Und ab 2028 soll dann auch noch die Körperschaftsteuer schrittweise um fünf Prozentpunkte auf dann nur noch zehn Prozent gesenkt werden.

Der Staat macht sich – Rekordschulden hin oder her – also schlank: Die Maßnahmen kosten in den nächsten vier Jahren laut Bundesregierung insgesamt über 45 Milliarden Euro, wobei sich die Steuersenkung erst ab dem Jahr 2032 vollständig auswirken wird. Profiteure sind die Unternehmen und damit die reichsten zehn Prozent der Haushalte. Denn nur bei ihnen ist laut Bundesbank »Betriebsvermögen für einen nennenswerten Teil des Nettovermögens verantwortlich«.

Begründet wird die Steuersenkung damit, dass die Unternehmen in Deutschland überdurchschnittlich hoch besteuert würden. Das ist stark übertrieben. Mit knapp 30 Prozent liegt der nominale Unternehmenssteuersatz nur 2,8 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der G7-Staaten, ist also nicht exorbitant hoch. Zudem handelt es sich dabei schlicht um das Gesetz des Durchschnitts, wenn einige Länder darüber und andere darunter liegen. Wenn alle versuchen würden, unter den Durchschnitt zu kommen, würde dies in einem dauerhaften Steuersenkungswettlauf müden, der am Ende niemandem nützt – außer den Unternehmen. 

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Stephan Kaufmann

Stephan Kaufmann ist Wirtschaftsjournalist, verfasste einige Bücher und schreibt heute unter anderem für nd.DieWoche, Frankfurter Rundschau, Freitag und Deutschlandfunk.

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