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Das Wirtschaftsmagazin

Weltbank: Auf Entwicklungsländern lastet Rekordschuldendienst

Historisch leidet der Globale Süden schon lange unter Schulden. Jetzt ist die Last aufgrund hoher Leitzinsen erneut stark gestiegen.

2 Minuten Lesedauer

Die Weltbank berichtet über den Schuldenstand des Globalen Südens (Symbolbild). Credit: IMAGO/NurPhoto

Entwicklungsländer zahlten zwischen 2022 und 2024 741 Milliarden Dollar mehr an Zins und Tilgung an Kreditgeber, als sie von ihnen an neuen Finanzmitteln erhalten haben. Das sei laut dem jährlichen International Debt Report der Weltbank, der gestern veröffentlicht wurde, die größte Lücke seit mindestens 50 Jahren. Durch den Schuldendienst fehlten diesen Ländern »Ressourcen, die für Bildung, medizinische Grundversorgung und wichtige Infrastruktur hätten verwendet werden können«, so die Weltbank, selbst eine der größten internationalen Kreditgeberinnen.

Der Hauptgrund für den hohen Schuldendienst seien dem Bericht zufolge die »globalen Finanzierungsbedingungen«. Dazu gehörten die hohen Leitzinsen der wichtigsten Zentralbanken wie der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank sowie der Strukturwandel der Kreditmärkte. Demnach machten private Gläubiger – hauptsächlich Anleiheinvestoren – fast 60 Prozent der Schulden der Entwicklungsländer aus. Die Beschaffung kostengünstiger Finanzierungen durch multilaterale Institutionen wie die Weltbank sei schwieriger geworden.

Hohe Zinsen, Leiden vor Ort

Im Jahr 2024 erreichte die kombinierte Auslandsverschuldung der Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen einen historischen Höchststand von 8,9 Billionen US-Dollar. Dabei schuldeten die 78 überwiegend einkommensschwachen Länder, die für Kredite der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA) der Weltbank infrage kommen, einen Rekordbetrag von 1,2 Billionen US-Dollar, wie aus dem Bericht hervorgeht. Der durchschnittliche Zinssatz, den Entwicklungsländer ihren offiziellen Gläubigern für ihre 2024 neu aufgenommenen Staatsschulden zahlen werden, lag demnach auf dem höchsten Stand seit 24 Jahren. Der durchschnittliche Zinssatz für private Gläubiger lag auf dem höchsten Stand seit 17 Jahren. Insgesamt zahlten diese Länder allein für Zinsen die Rekordsumme von 415 Milliarden US-Dollar.

Der Bericht macht auch auf das menschliche Leid aufmerksam, das durch den hohen Schuldendienst verursacht wird. Es wird festgestellt, dass in den 22 am höchsten verschuldeten Ländern – deren Auslandsverschuldung 200 Prozent der Exporteinnahmen übersteigt – durchschnittlich 56 Prozent der Bevölkerung sich die für eine langfristige Gesundheit notwendige tägliche Mindesternährung nicht leisten können. Die Ressourcen von Entwicklungsländern für andere Entwicklungsprioritäten würden damit verringert, darunter »die Gewährleistung der Ernährungssicherheit, die Verringerung der Anfälligkeit für Krisen und die Stärkung der fiskalischen und institutionellen Kapazitäten«, heißt es in dem Bericht.

Besserung durch niedrigere Zinssätze?

Es gebe allerdings Anzeichen für eine Verbesserung der Lage. Die Leitzinsen werden gesenkt und Anleiheinvestoren haben 80 Milliarden Dollar an neuen Finanzmitteln zur Verfügung gestellt, so der Bericht der Weltbank. Doch das sei keine kostengünstige Finanzierung, da der Zinssatz bis zu 10 Prozent betragen habe, etwa doppelt so viel wie vor 2020. Auch seien die Gläubiger im vergangenen Jahr nachsichtig gewesen: Sie stimmten einer Umstrukturierung von 90 Milliarden US-Dollar an Schulden von Entwicklungsländern zu, was zuletzt 2010 der Fall war. 

»Die globalen Finanzbedingungen mögen sich verbessern, aber die Entwicklungsländer sollten sich nichts vormachen: Sie sind noch nicht aus der Gefahr«, sagte Indermit Gill, Chefökonom und Senior Vice President für Entwicklungsökonomie der Weltbankgruppe laut Mitteilung. Im Bericht fügte er hinzu: »Die Misswirtschaft bei den Schulden der Entwicklungsländer bremst die wirtschaftliche Entwicklung und drängt zu viele Länder in einen Teufelspakt: entweder teure Kredite von ausländischen Anleihegläubigern aufzunehmen oder den heimischen Privatsektor ersticken, indem sie die Vermögenswerte der heimischen Geschäftsbanken aufsaugen.« Gill forderte zudem ein »Frühwarnsystem« für die Schulden von Entwicklungsländern.

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